Rezension

Ein beeindruckendes Porträt

Ich freue mich, dass ich geboren bin - Birgit Vanderbeke

Ich freue mich, dass ich geboren bin
von Birgit Vanderbeke

Der siebente Geburtstag sollte eigentlich ein glücklicher und fröhlicher Tag im Leben eines Kindes sein. Für das kleine Mädchen jedoch, von dem die Autorin erzählt, endet er mit heftigen Prügel  -  aber auch einer lebensrettenden Entdeckung.

Die Autorin schreibt ihren Roman aus der Sicht des Mädchens, kindlich naiv und dennoch erstaunlich hellsichtig. Es könnte tatsächlich Birgit heißen; denn Vanderbekes Biografie deckt sich im wesentlichen mit ihrer Erzählung. Zu Beginn der 60er Jahre flüchtet sie als Fünfjährige mit den Eltern in den Westen, das „Land der Verheißung“, wie sie es ironisch nennt. Zunächst findet ihr Leben dort in Übergangslagern statt, bis der Vater schließlich Arbeit in der „Rotfabrik“ annimmt und sie in eine Neubausiedlung ziehen. Die Ernüchterung über die Realität im goldenen Westen bewirkt bei den Eltern Unzufriedenheit und Frustration, die an das Kind als Lieblosigkeit und sogar Gewalttätigkeit weitergegeben werden. Es sehnt sich nach einem Menschen, mit dem es sprechen, dem es seine Probleme und Ängste anvertrauen kann  -  wenigstens ein Kätzchen zum Schmusen wünscht es sich.

Da empfindet es das Lied „Wir freuen uns, dass du geboren bist“  schlicht als Lüge, auch wenn die Mutter es gleich mehrmals singt. Bezeichnenderweise stimmt der Vater nicht in den Gesang ein, sondern betrachtet nur seine Hände, die zwar durch einen Unfall verunstaltet sind, die das Kind aber dennoch zu fürchten gelernt hat.

In schlichten Worten, dafür aber umso eindringlicher, schildert Vanderbeke die Nöte des Kindes. Seine Gedanken wirken auf den Leser traurig, oft deprimierend, aber das Mädchen hat einen erstaunlich starken Charakter. Mit Hilfe seiner Fantasie findet es einen Weg aus seiner Opferrolle; es beschließt, sich nicht aufzugeben und auf die Zukunft zu vertrauen, so dass es am Ende mit Überzeugung sagen kann: „Ich freue mich, dass ich geboren bin.“