Rezension

Ein bekanntes Konzept, unglaublich eindringlich umgesetzt

Dunkelsommer - Stina Jackson

Dunkelsommer
von Stina Jackson

Bewertet mit 5 Sternen

Eine Geschichte, die bereits in unzähligen Formen und Facetten erzählt wurde, doch diese Version ist so eindringlich geschrieben, dass sie einem den Atem raubt.

„Dunkelsommer“ ist bei weitem keine Geschichte, die man so noch nie gelesen hat.

Ein glückliches Paar, dessen 17-jährige Tochter eines Tages spurlos verschwindet. Eine Ehe, die schließlich an gegenseitigen Vorwürfen zerbricht. Eine Mutter, die Trost bei einem neuen Partner sucht. Und ein Vater, der die Hoffnung nicht aufgeben kann und Nacht für Nacht die dichten Wälder Schwedens durchkämmt.

 

Ich sage oft, dass es mich nicht stört, schon häufig erzählte Geschichten zu lesen, wenn sie sich durch kleine Eigenheiten abheben können und gut umgesetzt sind. Zum Glück ist „Dunkelsommer“ eines dieser Bücher.

Man verfolgt die Geschichte zum einen durch die Augen von Lelle, dem suchenden Vater. Dieser schaut gerne mal zu tief ins Glas und ist reizbarer als ein tollwütiger Grizzly. Seine Verzweiflung trägt aber viel zur Atmosphäre und zur Spannung des Buches bei, ohne dabei jemals erdrückend zu werden.

Denn es ist nicht so, dass Lelle seit 3 Jahren auf der Suche ist und plötzlich, wenn der Leser in die Geschichte einsteigt, eine heiße Spur findet – zum Glück, denn solche „zufälligen“ Entwicklungen kann ich nicht wirklich leiden. Man begleitet ihn vielmehr jede Nacht, schwelgt in Erinnerungen, lernt über ihn sowohl Lina kennen, als auch andere hoffnungslose Seelen, die offenbar des Nachts in schwedischen Wäldern anzutreffen sind. Darum ist es auch überhaupt nicht langweilig, dass seine verzweifelte Jagd zunächst einmal keine Früchte trägt.

Andererseits erzählt dieses Buch aber auch die Geschichte von Meja, einer dieser ruhelosen Seelen. Sie ist ein junges Mädchen, das im Schlepptau ihrer psychisch labilen Mutter durch Schweden reist und überall und nirgendwo zuhause zu sein scheint – bis sich ihr Weg mit dem von Lelle kreuzt.

 

„Dunkelsommer“ lebt dabei ganz klar von einer ruhigen, aber konstanten Spannung und der bedrückenden Atmosphäre. Man bangt und leidet mit Lelle, während man gemeinsam mit Meja auf ein besseres Leben und ein bisschen Perspektive hofft. Dabei wird schönerweise nicht verzweifelt versucht, den Leser an der Nase herumzuführen. Nein, es werden vielmehr ein paar zwielichtige Figuren vorgestellt und geschickt immer mal wieder ein Hinweis eingestreut, der den Leser mal in diese und dann wieder in die andere Richtung lenkt, bis man wie Lelle an jeder Ecken einen Verdächtigen vermutet und die Geschichte bis zur letzten Seite gebannt verfolgt.

 

Fazit

Auch wenn „Dunkelsommer“ ein Buch ist, das Vielleser so oder so ähnlich sicher schon gelesen haben, würde ich es nicht gleich von meiner Wunschliste streichen. Allein die Entwicklung und Geschichte der beiden Hauptcharaktere Lelle und Meja garantieren ein paar spannende Lesestunden. Dass das Ganze noch von einer bedrückenden Atmosphäre und einem gekonnten Verwirren des Lesers abgerundet wird, macht „Dunkelsommer“ für mich zu einem rundum gelungenen Roman.