Rezension

Ein bemerkenswerter Roman

Räume des Lichts -

Räume des Lichts
von Yuko Tsushima

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Räume des Lichts" von Yuko Tsushima hat mich unerwartet begeistert, erzählerisch, sprachlich, aber auch in seiner Art, die japanische Gesellschaft und die Rolle von Frauen in ihr abzubilden.

Es ist ein sehr introspektiver Roman. Man taucht als Leser in die Innenwelt der Protagonistin ein und erfährt dadurch aus der Nähe, was es in der japanischen Gesellschaft bedeutet, alleinerziehend zu sein. So viele Szenen graben sich in diesem Kontext ins Gedächtnis: Zum Beispiel sträubt sich die Protagonistin davor, auf der Arbeit von ihrer Trennung, ihrer bevorstehenden Scheidung und ihrer Rolle als alleinerziehenden Mutter zu sprechen. Allem haftet ganz offenbar ein Stigma an. Sie muss außerdem übergriffiges Verhalten durch die Bekannten ihres Mannes erleben, die ihr ins Gewissen reden und sie davon überzeugen wollen, sich nicht scheiden zu lassen. Da heißt es dann: “Ich habe im Bekanntenkreis einige Frauen, die geschieden sind, und sie können einem allesamt leidtun. Frauen tut es nicht gut, wenn sie alleine sind." Trotz dieses Verhalten ihres Umfeldes, trotz Zweifel und schlechtem Gewissen geht sie ihren Weg und erkämpft sich das Leben, das sie mit ihrer Tochter zusammen leben will.

Der Roman erzählt von den Höhen und Tiefen von Mutterschaft, von Mutter und Tochter, die sich manchmal voneinander entfernen, kaum miteinander auskommen, um im nächsten Moment wieder füreinander zu sorgen. Er erzählt auch vom Tod, der allgegenwärtig ist, der sich im Grunde durch jedes Kapitel zieht und der, wie man später im Nachwort der Übersetzerin erfährt, das Leben der Autorin geprägt hat. (Als sie ein Jahr alt war, verlor sie ihren Vater. Ihr Sohn ertrank in der Badewanne.).

Man könnte denken, dass diese ja durchaus schweren Themen den Roman düster wirken lassen. Aber das tun sie nicht, denn sie werden durch zahlreiche leichte, lichtdurchflutete Momente ausgeglichen, die zum Eindruck eines in sich geschlossenen und harmonischen Gesamtbild beitragen.

Es ist bemerkenswert, was sich auf den knapp 200 Seiten alles entfaltet, wie verdichtet und poetisch dieser Roman sich präsentiert. Nicht zuletzt deshalb empfinde ich ihn als unbedingt lesenswert.