Rezension

Ein berührender Roman mit Tiefgang

Barbara stirbt nicht -

Barbara stirbt nicht
von Alina Bronsky

Bewertet mit 5 Sternen

Im Kiepenheuer & Witsch Verlag erscheint der neue Roman von Alina Bronsky "Barbara stirbt nicht". Das Ehepaar Schmidt ist seit Jahrzehnten verheiratet, Walter ist ein Mann vom alten Schlag, er lässt sich von Barbara rund um die Uhr bedienen. Sie ist für den Haushalt, die Küche und den Garten zuständig und als sie ihre Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann, bricht für ihn eine große Veränderung an.

Bei Alina Bronskys Büchern mag ich ihre wunderbare menschliche Beobachtungsgabe, den trockenen Witz und ihre treffend gezeichneten Charakterdarstellungen. Mit dieser Geschichte konnte sie mich wieder überzeugen, das Buch habe ich an einem Tag verschlungen.

Alina Bronskys Protagonist Walter ist ein ein ignoranter und schrulliger Mann, schroffe Antworten sind seine Spezialität. Er ist das Bild eines selbstgefälligen und unangenehmen Menschen, der nie im Leben für die Hausarbeit zuständig war. Man merkt schnell, Walter ist mit der Situation überfordert und will es nicht wahrhaben, dass seine Frau Barbara krank sein könnte. "Sie muss nur etwas essen", so tröstet er sich und hofft, dass sie bald wieder ihren Pflichten nachgehen wird. Also versucht er sich an verschiedenen Rezepten eines Fernsehkochs. Doch Barbaras Zustand wird immer schlechter. Seine Kinder versuchen ihn zur Einstellung einer Haushaltshilfe zu überreden, doch das lehnt Walter ab, seine Frau duldet keine weitere Frau im Haus. Hier könnte man ihm böswilligerweise unterstellen, das das wohl eher sein Wunsch wäre. Als Barbara immer schwächer wird, merkt Walter, der früher stets seine Wünsche vor die seiner Frau gestellt hat, was er an ihr hatte und ändert sich langsam, aber allmählich. Er lässt sich auf Neues ein, lernt Kochen und nimmt die Hausmannrolle an. Man freut sich mit seinen Back- und Kocherfolgen und muss häufig schmunzeln, auch wenn Barbaras Zustand eigentlich ernst ist. Aber man kann durchaus feststellen, Walter lernt dazu, wird einsichtiger und damit auch liebenswürdiger.

Der Erzählstil ist einfach wunderbar, Alina Bronsky verbindet ein wenig bissigen Humor, eine schrullige Klischeefigur und ihre besondere Beobachtungsgabe für das Menschliche zu einer in die Tiefe gehenden Geschichte, die einfach berührt. Sie zeigt die Bedeutung und schwere Verantwortung in Bezug auf Pflege und Abschied. Sie zeigt die Menschen, wie sie im Alter mit Veränderungen zu kämpfen haben. Ihr Held Walter hat so eine Veränderung geschafft, zu Beginn des Buches war er ein ablehnender und schrecklicher Mensch, am Ende hat er sich auf seine neue Rolle eingelassen und es wird deutlich, unter der rauhen Schale steckt ein weicher Kern.

"Barbara stirbt nicht" ist ein echter Lesegenuss über menschliches Verhalten. Das Buch zeigt, dass es für das Ablegen alter Gewohnheiten oder Ansichten nie zu spät ist. Der Blick auf menschliche Charakterzüge ist der Autorin auf wunderbare Weise gelungen.