Rezension

Ein berührender und tiefgreifender Debütroman...

Love Letters to the Dead
von Ava Dellaira

Bewertet mit 5 Sternen

"Lieber Kurt Cobain,
wir haben gerade Englisch und sollen einen Brief an eine berühmte Persönlichkeit schreiben, die schon verstorben ist. Als würde es im Himmel so etwas wie einen Geister-Postboten geben. Wahrscheinlich hat unsere Lehrerin Mrs. Buster dabei eher an einen früheren Präsidenten gedacht, als an dich, aber ich brauche jemanden mitdem ich richtig reden kann. Mit einem toten Präsidenten geht das nicht. Mit dir schon."

So beginnt sie, die bewegende Geschichte der 14-jährigen Laurel. Eine Geschichte die direkt ins Herz trifft, die mich bewegt und nachhaltig beschäftigen wird. Aber von vorne:

Für den Englischunterricht soll Laurel einen Brief an eine tote Persönlichkeit schreiben. Dabei fällt ihre erste Wahl direkt auf Kurt Cobain, den sie mit ihrer Schwester May in Verbindung bringt. Doch bei diesem Brief, den sie niemals gedenkt abzugeben, bleibt es nicht. Laurel schreibt weiter. Es folgen Briefe an Mitglieder des bekannten Club 27, wie beispielsweise Janis Joplin, Jim Morrison und Amy Winehouse, aber auch Briefe an Judy Garland oder John Keats. In diesen Briefen öffnet sich Laurel und erzählt von ihrem Leben. Ihrem Alltag in der Schule, über ihre neuen Freunde und ihren Schwarm Sky.

Je mehr Briefe sie schreibt, desto düsterer wird ihre Geschichte, denn nach und nach offenbart uns Laurel ihr Innenleben, Dinge die sie seit dem tragischen Tod ihrer Schwester May verdrängt hat kommen ans Licht und so werden diese Briefe für Laurel zu einer Art Therapie in der sie langsam aber stetig den Verlust ihrer Schwester, aber auch den Zusammenbruch ihrer Familie und den Weggang ihrer Mutter verarbeitet. Sie stellt sich unausgesprochenen Worten und beginnt May ganz langsam, Stück für Stück, loszulassen und zu sich selbst zu finden.

Ava Dellaira gelingt mit ihrem Debütroman ein tiefsinniges, emotionales Werk, dem man sich, hat man erst einmal angefangen, nur ganz schwer wieder entziehen kann.

Der Schreibstil ist sehr leicht gehalten, was mich aufgrund der ernsten Themen überrascht hat. Laurel wirkt auf mich oft sehr kindlich und deutlich jünger als sie ist, was einerseits, aufgrund der überwältigenden Probleme die sie hat, gut passt und nachvollziehbar erscheint, andererseits aber an einigen Stellen auch irritierend wirkt.

Gerade dann wenn sie davon erzählt, wie sie sich den Schnaps reinkippt oder sich eine Kippe ansteckt, was nichts anderes als ein Hilfeschrei ist, den weder ihr Vater noch ihre Tante zu hören scheinen. Das hat mich ein bisschen zermürbt, weil ich aufgrund des Schreibstils in solchen Situationen oft eine Zehnjährige vor Augen hatte.

Die Atmosphäre ist durchgehend bedrückend und schnürt mir an manch einer Stelle regelrecht die Kehle zu, besonders dann, wenn Laurel von ihren Freundinnen berichtet, die sich alle mit unterschiedlichen Problemen herumschlagen und auf der Suche nach Liebe schon mal ordentlich über die Strenge schlagen und sich so in lebensbedrohliche Situationen bringen. Laurel erkennt wie falsch dieses Verhalten ist, sie appelliert an den Verstand der Mädchen und kann sie so vor schlimmen Dingen bewahren, die sie selbst zu verarbeiten hat.

Das Ende empfand ich als sehr bewegend und rund. Hier musste ich mir auch tatsächlich das ein oder andere Tränchen wegwischen, nicht nur deshalb weil Laurel endlich ihren Eltern offenbart was sie bedrückt, sondern weil sie endlich nach vorne sehen kann.

Was mir außerdem an dem Buch gefallen hat, ist einmal das sehr ansprechend gestaltete Cover, das mich vom ersten Blick an verzaubert und die Musik die mich durch das Buch begleitet hat. Natürlich sind es überwiegend Songs von Nirvana, Amy Winehouse und The Doors, einfach deshalb weil diese Bands in Mays und Laurels Leben einen gewissen Stellenwert hatten und es diese Künstler sind, denen Laurel schreibt.

Weniger gefallen hat mir die Briefeinleitung, die immer dann vorkam, wenn Laurel einer neuen Berühmtheit schrieb. Hier hat sie immer erst ein bisschen was über die betreffende Person erzählt, was für mich einem Wikipedia-Eintrag gleich kam. Das hätte die Autorin meiner Meinung nach getrost weglassen können, denn es wirkte aufgesetzt und auch ein bisschen abgeschrieben eben.

Fazit:

"Love Letters to the Dead" ist ein berührender und tiefgreifender Debütroman, der mich nachhaltig beschäftigen wird.
Eine wundervolle, melancholische Geschichte über Trauer und Liebe, über Familie und Freundschaft und über das Loslassen.
©Ina's Little Bakery