Rezension

Ein besonderes Buch unter historischen Romanen

Die Marschallin - Zora del Buono

Die Marschallin
von Zora del Buono

Bewertet mit 4 Sternen

Meine Meinung
Ein Buch, das sich für mich schwer in Worte fassen lässt. Es ist anders als erwaratet, es hat mir sehr gut gefallen und doch hat mir zum Ende hin ein bisschen was gefehlt.

Vorneweg möchte ich erwähnen, dass dieses Buch den größtmöglichen Lesegenuss entfaltet, wenn man sich in irgendeiner Weise für Politik interessiert, denn hier geht es um die Liebe einer Frau zum Kommunismus, um die Entwicklung des Kommunismus in Italien und dem ehemaligen Jugoslawien, das nach dem 2. Weltkrieg gegründet wurde. Es geht sogar darüber hinaus, denn Zora Del Buono, die Großmutter der Autorin Zora del Buono, verfällt, wie auch viele andere, dem Personenkult um Josip Broz, Tito genannt, dem jugoslawischen Staatsoberhaupt auf Lebenszeit. Tito stellte sich gegen Stalin und begründete damit den Titoismus, einen kommunistischen Parallelentwurf zum Stalinismus.

Zora Del Buono, in Slowenien geboren, heiratete den italienischen Radiologen Pietro Del Buono und zog zu ihm nach Bari, wo sie trotz ihrer kommunistischen Einstellung sehr großbürgerlich und gut betucht in einer Villa lebte und herrschte.

Ich habe durch dieses Buch sehr viel über die Zeit des 1. und des 2. Weltkriegs, bezogen auf Slowenien und Italien, gelernt. Dies weckte mein Interesse das Gelesene zu vertiefen, sodass ich zwei Tage lang im Internet über Slowenien und Italien ab 1900, Tito und die Gründung und Auflösung Jugoslawiens gelesen und recherchiert habe.

Ausgangspunkt dieses besonderen Familienromans ist Zora, ihr Mann und ihre Söhne. Schwiegertöchter wollte sie eigentlich nicht und versuchte alles, die Familie so lange wie möglich Schwiegertochter-frei zu halten. Sie wollte das “Zepter” nicht weggeben, denn Frauen im allgemeinen konnte es ihr nicht recht machen, waren ihr nicht ebenbürtig. Die Schwiegertöchter schon gar nicht. Sie wollte “ihre” Männerdomäne nicht teilen.

Im Laufe des Romans erfahren die Leser*innen einiges über viele Familienmitglieder, Nachbarn und Freunde. Ein buntes Potpourri an Menschen und Schicksalen. Und dann geschieht am 24. Juli 1948 etwas, das Zora Del Buonos Meinung nach der Wendepunkt in ihrem Leben war, an dem sie nicht ganz unschuldig war.

Zwischen September 1948 und Februar 1980 gibt es dann einen Bruch. Eine Lücke, die Zora im zweiten Teil bruchstückhaft durch einen Monolog schließt. Sie ist alleine nach Slowenien zurückgekehrt und lebt verarmt in einem Altersheim in Nova Gorica, denn sie konnte die Demenz ihres Ehemannes nicht ertragen, der wiederum in einem gehobenen Altersheim in Bari seinen Lebensabend verbringt.

Dieser  zweite Teil jedoch war mir einfach zu kurz und zu abgehackt abgehandelt. Ich hätte mir hier mehr “Roman” gewünscht, der den ersten Teil geschmeidiger ausgleiten lässt. Manch eine Andeutung hätte ich gerne ausführlicher betrachtet. Über dem ganzen schwebt die eigenartige Verliebtheit in Tito, die ich mir aus dem Buch heraus nicht sehr gut herleiten konnte, außer, dass die slowenische Herkunft Zoras dabei die größte Rolle spielen könnte.

 
Fazit
Ein spannender und faszinierender Roman, mit einem recht unbekannten Setting und einer im (europäischen) Westen recht unbekannten Historie. Sprachlich herausragend und sehr gut lesbar, ein echter Tipp wenn es um historische, besondere Romane geht.