Rezension

Ein besonderes Weihnachtsmärchen, das mich sehr berührt hat

Wunder einer Winternacht
von Marko Leino

Bewertet mit 5 Sternen

„Vielleicht ist im Leben nicht alles schwarz oder weiß. Vielleicht gibt es keine eindeutig glücklichen oder unglücklichen Ereignisse. Vielleicht geht beides immer Hand in Hand.“ S. 45

Zum Inhalt

Spätsommer
Tommi und sein jüngerer Bruder Ossi tauchen am Strand an einer Küste im Norden um die Wette, als ihnen ein kleines, mit Tang umwickeltes Holzkästchen in die Hände fällt. Der Inhalt dieser winzigen Truhe erinnert den Großvater der beiden an eine Geschichte, die er schon in Kindertagen von seinem Großvater gehört hat.

Diese Geschichte handelt von dem kleinen Jungen Nikolas, der durch einen tragischen Unfall seine Familie verliert. Das ganze Dorf kümmert sich um den Waisen. Doch die Familien haben in dem kargen Land selbst ums Überleben zu kämpfen und können Nikolas jeweils nur für ein Jahr aufnehmen. Jedes Jahr an Weihnachten muss er weiterziehen.  

Aus Dankbarkeit schnitzt Nikolas den Kindern seiner ersten Pflegefamilie zum Abschied ein Geschenk und übergibt es ihnen am Weihnachtsabend.  Jedes Jahr aufs Neue setzt er dieses Ritual fort, bis er zu dem groben Tischlermeister Iisakki in die Lehre kommt. Alle Kinder haben Angst vor ihm, doch Nikolas stellt sich der Herausforderung ...

Meine Meinung

„Es war ein heißer Nachmittag im Spätsommer.“ S. 7

Der erste Satz – kaum zu glauben, dass damit eine wunderbare Weihnachtsgeschichte anfängt, ein ungewöhnlicher Anfang, der neugierig macht. Die ruhige, fast bedächtige Schreibweise hat mich behutsam in diese kalte, unwirtliche Welt geführt, in der im Herzen immer eine liebevolle, gütige Wärme zu Hause ist. Das Cover mit der Winterlandschaft und dem Spiegeleffekt ist wunderschön und passt sehr gut zur Geschichte. Die Kapitel sind in 24 Türchen eingeteilt, was ich für eine wunderbare Einstimmung halte.

Der Beginn mit Nikolas und seiner Familie, ihr glückliches, genügsames Leben; wie der Kleine sich liebevoll um seine Schwester kümmert und der Familienzusammenhalt im Fokus steht, öffnet einem das Herz für diese Geschichte. Nach dem schweren Schicksalsschlag gibt es für den kleinen Nikolas viele traurige, sehr berührende Momente, die in einer behutsamen Art und Weise umschrieben werden, so sachte wie frisch gefallener Schnee. Tapfer und bescheiden geht Nikolas seinen Weg und erarbeitet sich den Mut, auch mit einer ungewissen Zukunft das Schöne des Moments festzuhalten.

Einer der Grundgedanken, dass hinter allem, was passiert, etwas Gutes steckt, finde ich sehr schön. Wenn etwas Schlimmes passiert, fühlen wir nur das Jetzt, können aber lange nicht sehen, wohin es führen und was sich daraus entwickeln wird.
Auch die Idee über den Ursprung unseres Brauches zu Weihnachten, über den Ursprung des Weihnachtsmannes im ewigen Schnee des Hohen Nordens fand ich wunderschön.

„Weil der Weihnachtsmann möchte, dass wir uns über das freuen, was wir geschenkt bekommen, und so lernen, wie wichtig es ist, geben zu können. Wenn man einem anderen etwas gibt, bekommt man etwas viel Größeres zurück.“ S 229

Es hat mich sehr berührt und nachdenklich gestimmt – an einigen Stellen war es traurig, aber nicht rührselig. Gekonnt in leisen Tönen erzählt, hat es mir die eine oder andere Träne hervorgelockt.

Zitate

„Vielleicht aber hatte das Schicksal doch ein höheres Ziel, das der menschliche Verstand nicht begreifen konnte.“ S. 25

„Je weniger die Menschen wissen, desto mehr können sie glauben,“ (…) „Und je mehr die Menschen glauben, desto weniger zweifeln sie.“ S. 227

„Zur Liebe gehört immer auch die Angst vor dem Verlust des Menschen, den man liebt. Das ist ein Teil unseres Lebens. (…)  Denn wenn du es nicht wagst zu lieben und anderen zu erlauben, dich zu lieben, lebst du nicht wirklich.“ S 214

Fazit

Ein wunderbares, in leisen Tönen erzähltes, berührendes Weihnachtsmärchen, das uns zeigt, welche Werte sich hinter diesem Fest verbergen, das sich heute nur noch zum Konsumrausch entwickelt hat. Ein tapferer Junge, der sich von keinem Schicksalsschlag unterkriegen lässt und alles, was auf ihn zukommt, mit offenen Armen zu empfangen lernt und dabei nicht vergisst, sich seine inneren Werte zu bewahren.

© Aleshanee
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