Rezension

Ein bewegtes Leben

Ida - Katharina Adler

Ida
von Katharina Adler

Bewertet mit 4 Sternen

Ida wächst in wohlbehüteten Verhältnissen auf und leidet keine offensichtliche Not, aber ihre Seele leidet auf Grund der schwierigen Familienstruktur, ihrer von der Mutter zugewiesenen Rolle als Mädchen, das sich unterzuordnen hat, und wegen der immer schwieriger werdenden Situation als Jüdin.
Durch die psychische Belastung entstehen Krankheitssymptome, die sich nicht erklären lassen und die Ida schließlich zu Dr Freud führen. In vielen Sitzungen wird eine Psychoanalyse vorgenommen, um Ida von ihren psychsomatischen Leiden zu befreien. Sie ist gespalten zwischen Zustimmung und Ablehnung. Schließlich beendet sie auf eigenen Wunsch die 'Kur' bei Freud, um selbstbestimmt zu leben, was ihr teilweise gelingt....
Trotz einiger langatmiger Passagen über den historischen Hintergrund hat mich diese Biographie gefesselt, und ich habe sie gern gelesen. Besonders die detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise der Psychoanalyse fand ich sehr interessant. Ich denke, dass die Autorin sehr viel Mühe investieren musste, um diese Phase in Idas Leben zu rekonstruieren. Und auch sonst fand ich es spannend zu lesen, wie Ida mit den Herausforderungen des Lebens, z.B. die Geburt ihres Sohnes, mit ihren Freunden und auch mit 'falschen Freunden' umgegangen ist. Durch häufige Zeitsprünge versteht es die Autorin Erklärungen einzubringen und Ursachen zu enthüllen.
Eine Sympathieträgerin ist Ida auf keinen Fall, denn sie stößt viele Leute vor den Kopf durch Sturheit und Arroganz, z.B. ihren eigenen Sohn, auch als er schon erwachsen ist. Und sie möchte immer die dominante Rolle spielen, worunter auch engste Familienangehörige leiden. Empathie fehlt ihr weitgehend!  Auf der anderen Seite gibt sie nicht auf, sondern kämpft mit allen Kräften, um aus einer ausweglos scheinenden Situation zu entkommen. Letzteres zeigt sich besonders, als der Nationalsozialismus den Juden das Leben immer schwerer macht und sie sich zur Emigration entschließt.
Die Beschreibung der Hintergründe, besonders während des 1.Weltkriegs, fand ich zu detailliert beschrieben, was mich etwas gelangweilt hat, aber ansonsten ein prachtvolles Buch. Ich kann es jedem empfehlen, der Biographien über starke Persönlichkeiten liebt und auch Freudianern, denn hier werden die Anfänge der Psychoanalyse an einem authentischen Fall geschildert.