Rezension

Ein Buch, das die Freude am Alleinsein weckt

Lieber allein als gar keine Freunde - Anja Rützel

Lieber allein als gar keine Freunde
von Anja Rützel

Klappentext:
Anja Rützel ist gerne alleine – und steht damit ziemlich einsam da. Aber warum ist das Leben als Einzelmensch eigentlich so negativ belegt? Braucht die Einsamkeit vielleicht einfach nur einen guten Imageberater? Anja Rützel forscht nach, was hinter dem menschlichen Drang zum Zusammenglucken stecckt, und lernt, ihr Solo-Leben richtig zu lieben (und dass es nicht immer eine gute Idee ist, ausgerechnet in einem Jodelkurs neue Freunde finden zu wollen). Mit ihrem unvergleichlichen Sinn für Hintergründiges, Zwischenmenschliches und Abstruses nähert sie sich einem ernsten Thema von einer ganz neuen Seite.

Meine Meinung:
Auch ich habe, wie die Autorin, festgestellt, dass mit zunehmendem Alter mehr Bekannte gehen als kommen. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber darum geht es in dem Buch nur am Rande. Es geht auch nicht darum, wie man neue Bekanntschaften findet, sondern darum, das Alleinsein zu zelebrieren.
Anja Rützel beschreibt ihre Versuche, neue Bekanntschaften zu schließen. Die Tipps dazu kennen wir alle: Volkshochschule, Tanzkurs, Sport usw. Hunde sollen ja auch helfen, aber wenn man keinen hat? Und in den sozialen Medien wird man auch nicht vermisst, wenn man seinen Account nicht pflegt.
In lockerem Ton beschreibt sie ihre Erfahrungen bei verschiedenen Versuchen: Einem Survival-Kurs, bei dem sie sich zwischen überzeugten Preppern wiederfand und skeptisch beäugt wurde, weil sie nicht bereit wäre, im Notfall ihr Haustier zu essen. Oder ein Kreativabend, bei dem das Gesicht von David Bowie mit Kaffee auf eine Leinwand modelliert werden sollte. Das klingt so komisch, wie es dann auch war.
Nach all den Erfahrungen stellt sich Anja Rützel die Frage, was das Ganze eigentlich soll? Warum sich auf einer Party langweilen, wenn man schon vorher weiß, dass man mit Pralinen und einer guten Serie mehr Spaß hätte.
Ich fühlte mich sehr oft an mich selbst erinnert, denn auch ich komme mir bei geselligen Veranstaltungen, z.B. Familienfesten, häufig fehl am Platze vor. Und bei VHS-Kursen habe ich regelmäßig den Eindruck, alle anderen beherrschen Small-Talk besser als ich. Deshalb war ich sehr glücklich, als mir das Buch in die Hände fiel und ich merkte, dass ich nicht allein bin. Und da der Fischerverlag das Buch veröffentlicht hat, geht man da wohl davon aus, dass es eine genügend große Zielgruppe gibt, wodurch ich mich noch mehr bestätigt fühle. Nicht ich bin falsch, sondern das gesellschaftliche Ideal, das Extrovertiertheit idealisiert.
Das Buch ist locker geschrieben und ich habe oft geschmunzelt. Zitat:
„Und ja, da hätte ich es merken können: Ich hatte angefangen, in GUTE, extra-komfortable Jogginghosen zu investieren. Gibt es auch in Kaschmir.“
Alles in allem eine unterhaltsame Lektüre, die dazu einlädt, mal über das Alleinsein nachzudenken.