Rezension

Ein Buch, das die Welt ein bisschen schöner machen kann

Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte - Jessica Park

Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte
von Jessica Park

Bewertet mit 5 Sternen

Es gibt Bücher, die die Welt ein bisschen besser machen und meine Lebensgeister regenerieren, indem sie mir viele wundervolle Lesemomente bescheren. Leider muss man oft sehr lange danach suchen und den einen oder anderen Fehlgriff hin nehmen. Umso schöner ist es, wenn man dann in einer für sich schwierigen Zeit auf einen Schatz wie „Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte“ von Jessica Park stößt. Eben dann, wenn man schon fast vergessen hat, dass auch in den schwierigsten Zeiten ein paar Momente des Glücks verstreut sind…Man muss sie nur zulassen können.

Für Julie beginnt mit dem Besuch eines Colleges in Boston ein neuer Lebensabschnitt. Jedoch hat sie sich den Start ins erste Semester etwas anders vorgestellt. Ihr gemietetes Apartment in der für sie unbekannten Stadt stellt sich als ein nach Burrito stinkender Laden in einem sehr belebten und unruhigen Viertel heraus. Nach diesem Wohnungsschwindel Desaster findet Julie durch einen glücklichen Zufall Unterschlupf bei der Familie einer ehemaligen Studienfreundin ihrer Mutter. Allerdings scheint diese Familie alles andere als normal zu sein. Obwohl Julie sich sofort wohlfühlt, gibt es viele Tatsachen, die sie sehr verwundern. Zum Beispiel dass die 13-jährige Celeste keinen Schritt ohne die lebensgroße Pappfigur ihres Bruders Finn, der auf einer großen Weltreise ist, unternimmt. Daran scheint sich außer Julie wirklich niemand zu stören.

Jessica Park erzählt die Geschichte von einer jungen Studentin, deren Leben im Umbruch ist und die einer außergewöhnlichen spleenigen Familie, die anscheinend ein großes Geheimnis bewahrt. Am Anfang ahnt der Leser noch nicht, mit welchem Schicksal alle zu kämpfen haben und mit jeder gelesenen Seite wird er wissbegieriger, was sich hinter dem Mysterium Pappfigur verbirgt. In den ersten Passagen schaut man den literarischen Figuren dabei zu, wie sie sich einander vertraut machen und sich fast unbemerkt in die Herzen des Lesers schleichen. All dies geschieht in einem sehr angenehmen Tempo, bei dem man sich genügend Zeit nehmen kann, um die sehr vielseitigen Charaktere zu ergründen. Und damit ist man auf unterhaltsame Weise lange beschäftigt, denn alle Protagonisten dieser tiefgründigen Geschichte sind auf ihre Art etwas Besonderes und absolut beeindruckend. Mit jedem gelesenen Kapitel taucht man etwas tiefer in die Thematik und bekommt eine Ahnung davon, was sich hinter dieser lebensgroßen und platten Figur versteckt.

Dieses Buch enthält einen etwas ernsteren Kern, dessen Thematik jedoch immer wieder durch eine kluge, humorvolle und mit einer etwas komplizierteren Liebesgeschichte gespickten Handlung aufgelockert wird. Diese interessante Mischung aus bedeutsamen Inhalten und Humor, aber auch die einzigartigen literarischen Figuren verleihen dieser Geschichte eine gewisse Leichtigkeit, die den Leser wundervolle, nachdenkliche und glückliche Lesemomente bescheren.

Auch wenn der Schreibstil recht einfach gehalten ist, haben es die scharfsinnigen und manchmal hitzigen Wortgefechte zwischen den literarischen Figuren in sich. Einige Sätze muss man mehrfach lesen, um sie zu genießen oder ihre tiefere Bedeutung im vollen Umfang erfassen zu können. Auch die Art und auf welche Weise sie miteinander kommunizieren ist perfekt auf die Thematik abgestimmt. Jessica Park ergänzt viele Passagen mit E-Mails oder sehr unterhaltsame Statusmeldungen der Protagonisten, die den Leser nachdenklich stimmen, ihn bewegen oder zum Lachen bringen. 

„Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte“ von Jessica Park ist für mich ein ganz besonderes Buch. Es brachte alte Saiten in mir zum Klingen, die ich lange nicht mehr wahrgenommen hatte. Jeder, der sein Leben zusätzlichen mit bewegenden und glücklichen Lesemomenten bereichern möchte, sollte zu dieser Geschichte greifen.