Rezension

Ein Buch, das gelesen werden will

Die Villa am Meer - Micaela Jary

Die Villa am Meer
von Micaela Jary

Bewertet mit 5 Sternen

Katharina entscheidet sich mit ihrer Hochzeit gegen die Liebe. 
Ihrem heimlichen Verlobten Joachim gibt sie den Laufpass, da er 2 Jahre zur See fahren will. Er hat nie offiziell um ihre Hand angehalten und da sie nicht warten will, entscheidet sie sich für den älteren Korbmacher Olaf Borchers und heiratet ihn. Sie hofft, ihm eine gute Frau sein zu können.
Sie bekommen zusammen 2 Söhne, die Katharina abgöttisch liebt, aber die Betreuung wird einer Gouvernante übertragen. Katharina, der nunmehr alle Aufgaben abgenommen wurden, langweilt sich und bittet ihren Mann Olaf, ob sie denn nicht einen Strandkorbverleih aufmachen könnte. Aber das lehnt er kategorisch ab, sie hätten es nicht nötig, dass die Frau arbeiten gehen müsste, es würde ein schlechtes Licht auf sie werfen.

Joachim ist inzwischen mit Greta verheiratet, die sich bereits in der Hoffnung suhlt, bald Frau Kapitän zu sein und damit etwas darzustellen. Sie hat Joachim nicht geheiratet, weil sie ihn liebte, sondern weil sie in ihm Aufstiegschancen sah. Diese Hoffnung zerschlägt sich aber, als Joachims Schiff untergeht und ihm die Schuld zugeschoben wird. Der gesellschaftliche Abstieg ist vorprogrammiert. Greta, die gerade ihre Tochter zur Welt gebracht hatte, ist maßlos enttäuscht von ihrem Mann und zeigt ihm das auch.

Als sich Olaf anderweitig mit einer Geliebten amüsiert und Katharina ihre Hilflosigkeit erkennt, zieht sie aus dem Haus aus. Eine Scheidung kommt nicht infrage, dann würde sie auch ihre Söhne verlieren. So macht sie gute Miene zum bösen Spiel, trotzt ihm aber als Bedingung die Genehmigung zu einem Strandkorbverleih ab. Er stellt jedoch die Bedingung, dass dieser nur mit einem ihr vorgesetzten Geschäftsführer betrieben werden dürfte.
Wird es Katharina gelingen, ihre Wünsche und Ziele zu erreichen?...

Es passiert mir ganz selten, dass ich für die Protagonisten fast von Beginn an real lebende Personen im Blick habe. Für mich lief das Lesen des Buches wie ein Film ab mit den Schauspielern Nicolas Gage (Joachim), Bridget Fonda (Katharina) und Rosie Perez (Greta). Diese drei Schauspieler aus dem Film "2 Millionen Dollar Trinkgeld" passten für mich so perfekt zu den Protagonisten, dass ich sogar die Stimmen beim Lesen im Kopf hatte.

Das neue Buch der Autorin Micaela Jary spielt an der Ostseeküste und umfasst den Zeitraum von 1897 - 1921.
Eine Zeit, in der Frauen nicht wirklich Mitspracherecht hatten und vom Wohlwollen ihrer Ehemänner abhängig waren. Es ist aber auch eine Zeit, die nicht nur vom Kaiserreich geprägt ist, sondern auch in die Zeit des 1. Weltkrieges reicht.

In dem Buch geht es um die zwei Frauen Katharina und Greta. Wo die eine versucht, ihrem Leben Sinn zu geben und alles dafür gibt, tut die andere das Gegenteil. Sie ist bestrebt, in die besseren Kreise zu gelangen, um etwas darzustellen. Neid und Missgunst sind dabei ihre steten Begleiter und bringen viel Leid.

Es ist ein Buch, das nicht nur spannend und fesselnd geschrieben ist, es berührt auch den Menschen, es spricht ihn an. Zurückversetzt in eine vergangene Zeit nimmt man teil an geschichtlichen Ereignissen wie auch am Leben der Protagonisten.
Ich habe mit den Protagonisten gebangt, gehofft, geliebt, gehasst und habe auch zwangsläufig an den Intrigen teilgenommen. Was auch immer geschah, es ließ mich nicht los, packte mich und zwang mich zum weiterlesen. 
Ein Stück deutscher Geschichte, hervorragend recherchiert und verpackt in eine mitreißende Geschichte - was will man mehr?
Nun ja, das würde mir nur eins einfallen, eine Fortsetzung?

Für das Buch spreche ich eine klare Kauf- und Leseempfehlung aus.