Rezension

Ein Buch, das süchtig macht

Das Chalet -

Das Chalet
von Ruth Ware

Bewertet mit 5 Sternen

Erin arbeitet zusammen mit dem Koch Danny in einem Luxuschalet in den französischen Alpen. Ihre nächsten Gäste sind die wichtigsten Mitarbeiter des IT-Startups Snoop – eine Musik-App mit der man zur exakt selben Zeit wie andere Nutzer*innen deren Musik hören kann. Neun Personen sind angemeldet, doch zehn reisen an. Denn die ehemalige Assistentin und heutige Teilhaberin Liz wurde (mal wieder) vergessen.

Doch statt dass die Gruppe einen entspannten Urlaub genießen kann, wird schnell deutlich: hier liegt einiges im Argen. Eine der Geschäftsführerinnen startet einen Putsch gegen ihren Kollegen … und überlebt den ersten Ski-Tag nicht. Als das Chalet dann auch noch von einer Lawine überrollt wird, eskaliert die Lage endgültig.

Bevor die Geschichte „richtig“ losgeht, werden die wichtigsten Personen des IT-Startups (Geschäftsführer, Abteilungsleiter etc.) vorgestellt – im Stile einer Vorstellung, wie sie wohl auf der betreffenden Homepage erfolgt, unbedingt auf witzig getrimmt, wie es zu einem „hippen“ Startup passt. Diese kurze Vorstellung hilft zu Beginn die Figuren auseinander zu halten, ist gleichzeitig jedoch ein wenig verwirrend, weil weder Liz als ehemalige Mitarbeiterin, noch die Assitent*innen der Geschäftsführung erwähnt werden und dadurch in den ersten Kapiteln noch einige Namen mehr vorkommen. Darauf folgt ein „Zeitungsartikel“, der zeitlich allerdings nach der Geschichte steht und die Berichterstattung über die Ereignisse im Chalet widerspiegelt – zwar werden Informationen nur rar gesät und ein Rückschluss auf potenzielle Täter ist nicht möglich. Dafür wird leider verraten, wie viele Menschen sterben, was ab einem gewissen Punkt etwas die Spannung herausnimmt. Gemeinsam mit der Anfangs verwirrenden Fülle an relevanten Personen (irrelevante Personen gibt es in diesem Buch so gut wie nicht), sind das allerdings die einzigen (kleinen) Makel, die die Geschichte aufweist.

Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus Perspektive der ehemaligen Mitarbeiterin und Teilhaberin Liz und der Leiterin des Chalets, Erin. Beide wirken zunächst sympathisch, jedoch wird deutlich, dass sie – wie auch alle anderen Figuren – ihre Geheimnisse aus der Vergangenheit haben. Besonders interessant ist die Gruppendynamik zwischen den Snoop-Leuten. Insbesondere das Verhältnis zwischen den beiden Geschäftsführern Eva und Topher, deren Konflikt Auswirkungen auf die gesamte Gruppe hat.

Sie alle sind detailliert ausgearbeitet, haben ihre Stärken und Schwächen und wirken dadurch lebendig. Und was für einen Krimi/ Thriller noch wichtig ist: sie haben alle ein Motiv. Damit entwickelt sich das Buch rasch zu einem klassischen „Whodunit“-Krimi, der es echt in sich hat und lange Zeit äußerst spannend bleibt.

Für mich war es das erste Buch von Ruth Ware. Von ihrem Stil bin ich nach der Lektüre voll überzeugt. Schnörkellos und doch atmosphärisch führt sie die Leser durch den Krimi. Und je kälter es im Chalet wird, desto düsterer wird auch die Atmosphäre – Gänsehaut beim Lesen mitinbegriffen.

Die Handlung selbst entwickelt zu Beginn langsam. Die Gruppenkonflikte werden offengelegt, ohne dass bereits zu viel verraten wird. Erst mit dem ersten Tod, kommt Fahrt auf – dann aber so richtig. Doch so sehr man sich durch das schlingen will, so aufmerksam sollte man lesen, wenn man das Rätsel um den Täter schon vor dem großen Finale lösen will. Immer wieder sind im Text kleine Hinweise versteckt, die man jedoch sehr leicht übersieht und sich teilweise erst später in ein stimmiges Puzzle einfügen.

Bis auf die beiden kleinen Makel, die ich zu Beginn genannt habe, ist „Das Chalet“ ein rundum gelungenes Buch – ein Krimi der Extraklasse, der mich mit jeder Seite mehr in seinen Bann gezogen hat und den ich jedem Krimi- und Thriller-Fan unbedingt empfehle! Für mich definitiv eines der Lesehighlight dieses Jahres.