Rezension

Ein Buch der leisen Töne ...

Der Gedanke an das Glück und an das Ende - Jean-Luc Seigle

Der Gedanke an das Glück und an das Ende
von Jean-Luc Seigle

Bewertet mit 5 Sternen

~~Klappentext
Der 9. Juli 1961 ist ein einschneidender Tag für die französische Familie Chassaing, für Albert, seine Frau Suzanne und ihren jüngeren Sohn Gilles; der ältere, Henri, ist als Soldat im Algerienkrieg. An diesem Tag wird den Chassaings der erste Fernseher in das Dorf geliefert, weil eine Sendung über den Krieg, in der Henri auftritt, ausgestrahlt wird. Alle werden kommen. Auch erfährt man auf eine geradezu zarte Weise durch Albert, dass Suzanne, die alles Neue liebt, an diesem Tag anfängt, einen anderen Mann zu begehren. Er weiß, er wird nichts dagegen tun können, er wird ihr nicht den Weg in die Zukunft geben können, weil der Zweite Weltkrieg ihn verändert hat.

 

Albert Chassaing war 1940  auf Burg Schoenenbourg stationiert, einer der Festungen der sogenannten Maginotlinie, die Frankreich vor einem Angriff Deutschlands schützen sollte. Die Deutschen umgingen und durchbrachen diese "uneinnehmbare" Linie allerdings, was sehr bald zur Kapitulation Frankreichs führte, ein französisches Trauma. „Denn jenseits der Demütigung, die sie erlitten hatten, war diese Niederlage für sie wie ein Gnadenstoß, als … (…) … ja, als hätte sie alle eine Kugel ins Herz getroffen. (S. 221) Und genau dieses Trauma lässt Albert am Leben verzweifeln. Er sieht keinen Sinn mehr darin zu leben, einzig die tägliche körperliche harte Arbeit gibt ihm ein bisschen das Gefühl, das er lebt. Doch in Wirklichkeit ist Albert Chassaing auf dem Feld gestorben. Dieses Trauma verfolgt Albert jeden Tag. Er denkt oft daran Schluss zu machen.

In der Nacht des 9. Juli 1961 erhängt er sich dann letztendlich. Doch vorher bekommt der Leser einen Einblick in das Leben der Familie. Sie alle lieben einander, doch keiner/ keine kann seine Gefühle wirklich zeigen.  Jedes einzelne Familienmitglied lebt in seiner eigenen Welt. Albert ist immer noch im Krieg gefangen, Suzanne in ihrer Liebe zu ihrem Sohn Henri und Gilles in der Traumwelt seiner Bücher.

Diese Geschichte spielt an einem einzigen Tag im Leben der Familie Chassaing. Der Autor schafft es mit einer wundervollen poetischen und melancholischen Stimmung diesen Tag zu beschreiben. Ein Tag der alles verändert, der zeigt wie nahe Glück und Tod beieinanderliegt.

Obwohl dieses Buch sehr melancholisch ist und auch tragisch endet, hinterlässt es in mir ein Gefühl der Wärme und Dankbarkeit … denn am Ende hat jeder von den Chassaings seinen eigenen Weg gefunden.