Rezension

Ein Buch gegen das Vergessen

Wo die Freiheit wächst - Frank M. Reifenberg

Wo die Freiheit wächst
von Frank M. Reifenberg

Bewertet mit 5 Sternen

In dem Briefroman wird die Zeit vom 13. März 1942 bis 14. Februar 1943 sehr lebendig geschildert. Die meisten der Briefe schreibt die Kölnerin Lene Meister, eine 16 jährige Frisörauszubildende an ihre Freundin Rosi in Detmold (später in Schlesien), an ihren Bruder Franz, der als Soldat an der Ostfront dient und ihren Freund Erich, sowie an den jüngeren Bruder Kalli. Die Briefe, die sie ihrerseits erhält, komplettieren das Bild aus dem kriegsgeschüttelten Deutschland.

In den Briefen beschreiben die jungen Leute ihr Umfeld und ihre Erlebnisse, teilen ihre Anliegen, Ängste, Nöte und auch die wenigen schönen Dinge miteinander, andere Kommunikationsmittel und Informationswege gab es damals kaum. Auf diese Weise kommen die einzelnen Charaktere selber zu Wort, beschreiben unterschiedlichste Erlebnisse und vor allem ihre Sichtweise, der Leser kann ihre Entwicklung hautnah erleben.

 Erschütternd sind die glühenden Briefe des jungen Kalli, der durch die HJ zu einem treuen Gefolgsmann Hitlers wurde.

Am Anfang schreibt Lene noch viel über ihren Alltag und die allnächtlichen Bombenangriffe, die sie im Keller überstehen müssen. Die zunehmende Zerstörung stellt die Bevölkerung täglich vor neue Probleme, persönliche und materielle Verluste sind zu verkraften, das tägliche Leben muss immer aufs Neue organisiert werden.

Als sie Erich kennen und lieben lernt ändert sich der Grundtenor. Er gehört zu den Edelweißpiraten, eine Gruppe von Jugendlichen, die sich nicht an die geltenden Regeln anpassen wollte. Sie wollen über ihre Freizeit und Freiheit selbst bestimmen, sie ergreifen auf ihre Art die Initiative. Lene schließt sich ihnen an und ist mit ihren Äußerungen nicht vorsichtig genug, offensichtlich werden die Briefe mitgelesen, was Ärger für alle Beteiligten bedeutet.

Franz gibt Briefnachrichten über Judenerschießungen lieber einem Vertrauten mit nach Hause, anstatt sie er Post anzuvertrauen. Aus seinen Briefen erfährt man vieles von der Ostfront.

So schlimm die Zeiten waren, Personal für die Überwachung und Unterdrückung stand zur Verfügung. Privatsphäre, Briefgeheimnis und eine eigene Meinung gab es nicht.

Dem Autor ist es mit diesen fiktiven Briefen sehr gut gelungen ein authentisches Zeitgeschehen darzustellen.

Die Gefahren der Zeit und das Leid der Bevölkerung werden für den Leser deutlich spürbar, ich hoffe das dieses Buch von vielen Menschen gelesen wird und es gegen das Vergessen wirkt, damit solche Zeiten nie wieder in anbrechen.

Eine Lektüre, die mich betroffen und nachdenklich zurück lässt und noch lange beschäftigen wird