Rezension

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Ein Buch im Buch im Buch?

Die Seiten der Welt - Blutbuch
von Kai Meyer

Bewertet mit 4.5 Sternen

INHALT:

„Schreibe etwas in den Büchern der Schöpfung um, und du veränderst die Vergangenheit. Und mit ihr die Gegenwart und Zukunft. du hast die Macht, diese Welt zu einer besseren zu machen. Wer schlägt so eine Chance aus?“

„Ich“, sagte sie.

 

Das Sanktuarium ist untergegangen, aber die Bibliomantik wird von einer neuen, übermächtigen Gefahr bedroht. Die Ideen steigen aus dem goldenen Abgrund zwischen den Seiten der Welt auf und verschlingen ein Refugium nach dem anderen. Bald ahnt Furia, dass sie die einzige ist, die die Katastrophe abwenden kann, und dass sie dafür einen sehr hohen Preis zahlen muss. Doch ist sie dazu bereit?

 

 

EIGENE MEINUNG:

Nach wie vor kann ich mich nicht entscheiden, welches Cover dieser Trilogie auf mich am meisten wirkt, aber das Blutrot des Finales zieht mich schon sehr in seinen Bann. Die Schrift und die wunderschönen feinen Linien schimmern silbern und wirken im Gesamtbild gefährlich und doch harmlos. Vielleicht passender zum Inhalt… Zusammen stehend sind die drei Teile ein wahrer Blickfang!

 

Jetzt beim Schreiben dieser letzten Rezension zur Seiten der Welt-Reihe merke ich erst wie sehr sich meine Einstellung dazu verändert hat. Am Anfang war ich gespannt auf ein magisches Abenteuer mit ganz viel Liebe zu Büchern, einer jungen Protagonisten und viel Fantasie. Mittlerweile hat sich aber vieles zugetragen: Charaktere mussten sich aufgrund von diversen Schicksalsschlägen, eigenen Handlungen und hartem Realismus verändern. Von einigen mussten wir uns ganz verabschieden. Die Welt, ihre Hintergründe und Geheimnisse sind immer mehr ans Tageslicht getreten, einige Charaktere dafür nach hinten. Der anfänglich so mitreißende Widerstand hat sich verändert, anderes ist in den Vordergrund gerückt und ich bin ich wieder tief in einer Geschichte von Kai Meyer angekommen. Da es nicht meine erste war hätte ich es vorher wissen müssen: Sie sind absolut fantasievoll, aber auch hart, düster und manchmal wie das wahre Leben einfach nicht gerecht. Wer sich damit nicht anfreunden kann wird hier keine Freude finden. Ich hatte an einigen Situationen durchaus zu knabbern und auch wenn der Schreibstil mich wieder durch die Seiten hat fliegen lassen war nicht immer alles das reine Vergnügen.

 

Die Geschichte schafft es für mich im letzten Band nochmals an Komplexität und Konflikten zuzunehmen. Oftmals wusste ich selbst nicht mehr was ich an Furias Stelle getan hätte. Nach wie vor gibt es Personen die ich sehr ins Herz geschlossen habe, andere waren mir mal lieb und nun kann ich sie nicht mehr gut ertragen. Bei wieder anderen kann ich nach wie vor nicht entscheiden ob sie jetzt gut oder böse sind. Schwarz und Weiß sind hier definitiv kein geeigneter Maßstab. Vor allem auch im Nachgang, da ich merke wie sehr mich einiges aus den Büchern nach wie vor beschäftigt, wird mir klar, dass genau dies einen besonderen Reiz darstellt. Definitiv sagen kann ich aber, dass mir Pip in diesem Band zu kurz gekommen ist. Er war wie der Humor des Schnabelbuches immer noch ein Lichtblick in all der Düsternis für mich. Auch habe ich einige Szenen nicht ganz verstanden (ich sage nur „hinter dem Spiegel“) und der Titel des Buches hätte prägnanter eingearbeitet sein können.

 

Auch dieser Teil hatte, wie schon der Vorgänger, für mich einige Längen und kämpferische Handlungen (teils seltsamerweise off screen). Jedoch kann ich sagen, dass das Ende für mich definitiv nicht vorhersehbar war. Der Schreibstil war wieder absolut atmosphärisch, fantasievoll und bildlich, allerdings hatte ich wieder etwas Probleme mit den vielen Sichtwechseln. Erneut ist das Buch in mehrere Erzählstränge aufgeteilt und wir befinden uns an vielen verschiedenen Orten.

 

Das Ende war gut gewählt, aber ich glaube ich habe es in allen Konsequenzen nach wie vor nicht ganz durchschaut. Im Grunde sind für mich auch noch einige Fragen offen, einiges kommt sehr spontan und ohne weitere Informationen – aber das war wohl so geplant. Eine neu hinzugekommene Liebesgeschichte hätte es für mich dann tatsächlich auch nicht mehr gebraucht. Dies war für mich nie der Grundstein der Reihe und wahrscheinlich habe ich mich einfach an die Düsternis gewohnt und es dadurch eher als aufgesetzt empfunden. Überhaupt muss ich sagen, dass das Buch durchaus nicht nur dunkle Seiten aufzeigt, aber gefühlt hat sich diese Stimmung dazu in mir festgesetzt. Vielleicht liegt einiges daran aber auch an den Beschreibungen der Nachtrefugien die mich definitiv extrem angerührt haben.

 

Rund um die Seiten der Welt-Reihe sind auch bereits zwei neue Bücher von Kai Meyer erschienen. Diese sind als Prequel dazu zu lesen. Ich persönlich habe mich dagegen entschieden. Einerseits würde ich darauf hoffen, dass darin noch einige Fragen geklärt werden, andererseits werden dort ganz neue Protagonisten etabliert und ich habe das Gefühl ich brauche eine Verschnaufpause von Realismus, Düsternis, Konflikten und Verlusten. ;)

 

FAZIT:

Ein stimmiges Ende, mit einigen Überraschungen, das wieder sehr zum Nachdenken anregt. Von einem jungen Mädchen mit bibliomantischen Fähigkeiten hat sich die Geschichte hin zu einer komplexen Welt mit Ungerechtigkeit, verschiedensten Standpunkten, Verlusten, Grausamkeit und vielen mehr entwickelt. Insgesamt extrem fantasiereich, aber auch sehr ernsthaft.