Rezension

Ein Buch voller Phrasen

Wilde Manöver -

Wilde Manöver
von Judith Keller

Bewertet mit 2 Sternen

Die Geschichte beginnt mit einem kleinen Prolog im Jahre 2098. Es geht um den Fund eines Vernehmungsprotokolls, das als Erklärungsversuch dafür angesehen wird, wie wir in diese Situation, im Jahre 2098 geraten sind?

Danach beginnt die Vernehmung der verdächtigen Vera Savakis durch den Kommissar Felix Lombardi, im Jahr 2025.

Vera wird vorgeworfen mit ihrer Komplizin Peli Rouge, einen Mercedes Lieferwagen mit drei Kilo Kokain, versteckt in der Stoßstange, einen Renault Twingo mit 35 Kilo Marihuana auf dem Rücksitz und einen Scoda Oktavia entwendet zu haben. Während der Befragung erklärt Vera ellenlang wie es zu derlei Verdachtsmomenten kommen konnte, ohne dass ihre Erzählungen einen Sinn, oder eine sich ergebende Tiefe hätten. Alles bleibt schwammig. 

Da ist die Rede von Baukränen, die ihnen die Richtung gewiesen hätten, in die sie dann gegangen wären. Möbel, die nachts in der Vegetation ausgesetzt wurden und Waldbränden …

Ein Spruch wiederholt sich: 

Aber man dürfe die Hoffnung niemals aufgeben, man muss stark daran glauben vor allem hart dafür arbeiten, selbst dann, wenn alles vergebens scheine. S. 176

und vielleicht ist das genau die Herangehensweise, wie dieses Buch gelesen werden könnte, quasi eine Empfehlung der Autorin, eine Ermutigung durchzuhalten, auch wenn alles sinnlos scheint?

Fazit: Den ersten zehn hoffnungsfrohen Seiten, einmal etwas spritziges zu lesen, folgt die Ernüchterung. Auf den nächsten Seiten fange ich an zu glauben vermumpitzt zu werden. Ich schüttel den Kopf, verdrehe die Augen, vermisse fast schmerzlich, den im Klappentext versprochenen Humor, entdecke nicht ein Mü davon. Mich befällt das Gefühl meine Zeit zu verschwenden und das bleibt. Eigentlich möchte ich abbrechen, aber das wird meinem Anspruch an mich nicht gerecht.

Ich habe noch nie soetwas gelesen, deswegen fällt mir die Genreeinordnung so schwer, wie die Beschreibung der Handlung. Die Autorin streut Phrasen ein, lässt jemanden das Christentum verkünden. Die Bekannte der Protagonistin ist eine arjuwedische, jogageübte Tarotkartenlegerin. Die Rede ist von süchtigen Schwänen und Zeichen, die überall erscheinen, allen voran, die Zahl drei. Auf starke Übertreibungen folgt gleichgültige Bagatellisierung.

Ich saß im Schneidersitz auf einem violetten Seidenkissen, während Peli mehrmals gegen die Wand rannte und sich in der Luft überschlug, bis sie keine Lust mehr dazu hatte …

Was mochte ich eigentlich? Das Cover: schöne Farben, schöne Haptik durch die Stanzung. Die Technik: Knappe Fragen, Stellungnahmen. Rasantes Tempo durch kurze Sätze. Die Idee: Zwei Frauen ziehen einen gemeinsamen Schlussstrich unter ihr bisheriges Leben, weil sie für Besseres geschaffen sind und den (Aber)Glauben an eine neue Weltordnung haben. 

Ich hoffe sehr, dass die Autorin nicht der parodischen Anwandlung nachkommen wollte, sich über sogenannte Querdenker und Aluhutträger lustig zu machen, möchte jedoch nichts unterstellen.