Rezension

Ein Buch, welches in seinem Genre leicht untergeht

Almost - Anne Eliot

Almost
von Anne Eliot

Bewertet mit 2 Sternen

Inhalt
Drei Jahre nach einer verheerenden Nacht, die ihr Leben für immer verändert hat, will die siebzehnjährige Jess nur noch eins, wieder „normal“ sein - oder zumindest so erscheinen. Um die Zustimmung ihrer Eltern für ein College zu erlangen, will Jess ihnen beweisen, dass sie ihr Leben im Griff hat. Ihr Plan sieht dafür einen Job und einen Freund vor.               
Bei der Bewerbung für einen Praktikumsplatz trifft sie auf ihren Mitschüler Gray. Diesem schlägt sie einen Deal vor, der ihr jene Aspekte sichern soll. Gray stimmt zu, sich mit Jess den Job zu teilen und ihren Freund zu mimen, wenn er allein das Gehalt für die getane Arbeit erhält. Aber ist das Geld der einzige Grund für seine Zusage?      

Meine Meinung
„Almost“ wechselt zwischen den Perspektiven der beiden Protagonisten Jess und Gray, die aus der Ich-Perspektive ihr Erleben beschreiben. Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten und lässt sich schnell lesen. Häufige Wortwiederholungen und der sehr umgangssprachliche Ausdruck fielen mir dabei jedoch negativ ins Auge.
Jess ist eine sehr gewöhnungsbedürftige Protagonistin. Sie scheint jegliche Möglichkeit auf eine Verbesserung ihres Zustands, ausgeschlossen zu haben, und verbeißt sich in ihr gegenwärtiges Stadium. Geschehende Entwicklungen scheint sie weder wahrzunehmen noch zu reflektieren. Obwohl sie gegenüber ihrer Eltern „normal“ wirken möchte und sich von ihrer kleinen Schwester diesbezüglich sogar Handlungsweisen aufschreiben lässt, scheint Jess kein Problem damit zu haben, Gray ein ums andere Mal ihren hoffnungslosen Zustand unter die Nase zu reiben. Dabei will sie eigentlich nicht darüber reden.               
Des Weiteren ist sie in der einen Sekunde vollkommen beherrscht, dann trägt sie einen verletzen Gesichtsausdruck und schließlich bricht eine flapsige Bemerkung aus ihr raus – in dieser Reihenfolge durchaus sinnvoll,  doch ist es im Buch in jeder möglichen Kombination ein großes Chaos. Ihre Aussagen kommen teilweise so außerhalb des Kontextes, dass ich mehrfach überrumpelt wurde.               
Auch aus Grays Perspektive wirkt Jess immer sehr patzig. Ich konnte ehrlich gesagt stellenweise nicht nachvollziehen, worauf seine Zuneigung beruht. Aus ihrer Sicht wird ihr Verhalten als Teil ihres Schutzmechanismus‘ erklärt, aber es blieb trotzdem sehr schwierig, seine Faszination zu begreifen.          
Gray selbst bietet in dem Genre endlich mal ein wenig Abwechslung. Als männlicher Protagonist ist auch er mal unsicher, macht unangebrachte Witze, um seine Unsicherheit zu überspielen, und läuft auch mal rot an – endlich mal kein beherrschter Bad Boy, der als einziger in einer Unterhaltung durchgehend entspannt bleibt. 
Allerdings fehlt es den Gesprächen ein ums andere Mal an Biss, an brodelnden Gefühlen. Auch Schlagabtäusche bleiben flach. Auf rein inhaltlicher Ebene sind die Sätze zwar in der Regel zutreffend, dennoch wurde ich nicht richtig in den Austausch hineingezogen und habe mich häufig als ein Betrachter einen „schlecht geschauspielerten“ Sitcom gefühlt.                
So bleiben leider die Nebencharaktere ebenfalls recht farblos. Insbesondere ihre jeweilige Beziehung zu Jess, ausgenommen die mit ihrer Schwester Kika, sind unglaubwürdig. Erst gegen Ende kann ihnen die Autorin noch ein wenig Substanz geben. Jedoch zu spät, um sie im Verlauf der Geschichte authentisch erscheinen zu lassen.               
Zuletzt bleibt noch zu sagen, dass meiner Meinung nach durch zahlreiche Zeitsprünge die Geschichte um vielversprechende Möglichkeiten beraubt wurde. Wechsel in der Szenerie hätten notwendige Abwechslung gebracht, die so ausblieb.      
          
Fazit     
Eine unsympathische Protagonistin und überwiegend substanzlose Charaktere verhinderten, dass mich „Almost“ in seinen Bann ziehen konnte. Hervorzuheben ist jedoch der erfrischende männliche Protagonist, welcher den Leseeindruck positiv beeinflusste. Auch die grundsätzliche Idee hinter der Handlungsgeschichte verhilft dem Buch zu seinen von mir vergebenen 2 Sternen.