Rezension

Ein Buch wie ein Drogenrausch...

Stanleyville - Richard Hayer

Stanleyville
von Richard Hayer

Bewertet mit 4.5 Sternen

~~Richard Hayer entführt uns in seinem Buch "Stanleyville" in ein spannendes, hochbrisantes Abenteuer.
Kim Lacquemont, eine 49-jährige Ärztin, wohnt mit ihrer 17-jährigen Nichte Caline in Brüssel. Plötzlich verschwindet das Mädchen spurlos und eine atemlose Suche beginnt.
Schnell begreift Kim, dass sie weit in ihre eigene Vergangenheit reisen muss, um das Rätsel des Verschwindens von Caline und unzähligen weiteren Personen zu lösen. Die Polizei ist ratlos und kann ihr nicht wirklich weiterhelfen.
Alle Hinweise führen nach Afrika in den Kongo: dort verbrachte Kim die ersten Jahre ihres Lebens und verließ es schließlich im Jahr 1964 nach einer mehrmonatigen Geiselnahme schwer traumatisiert. Alle ihre Versuche, sich an diese Zeit zurück zu erinnern, enden in ohnmächtiger Schwärze.
Eine erschreckende Dämonenmaske, die plötzlich auch in Brüssel in großer Zahl auftaucht, scheint eine bedeutende Rolle zu spielen.
Zusammen mit einem Bekannten reist Kim nach Afrika, zurück in die Ruinenstädte, die früher ihr Zuhause waren: zurück nach Stanleyville.
Mit Hilfe diverser Psychopharmaka hofft Kim, sich ihrer Vergangenheit endlich stellen zu können. Sie taucht ein in eine psychedelische Welt aus Visionen, Wahrheit, Gefühlschaos, Tod, Geisterglaube, schmerzhaften Erinnerungen und unsagbaren Schrecken...

"Stanleyville" würde ich als sehr gelungenen Thriller bezeichnen: von Anfang an sehr spannend und undurchsichtig.
Die Schauplätze werden eindrucksvoll beschrieben, man kann das Grauen, das man mancherorts empfinden muss, förmlich spüren beim Lesen.
Mit der Protagonistin Kim hatte ich allerdings anfangs etwas meine Schwierigkeiten: sie wirkte auf mich so emotionslos. Ihre Handlungen waren für mich nicht so wirklich nachvollziehbar, mir haben einfach die Gefühle gefehlt, die man zweifellos beim Verschwinden eines geliebten Menschen empfinden muss. Im weiteren Verlauf des Buches bedient sich Kim allerdings gerne und häufig diverser Psychopharmaka, wie z. B. Haloperidol. Vielleicht erklärt das ihre gedämpften Emotionen.
Richard Hayer schaffte es durch seinen stellenweise etwas ungewöhnlichen Schreibstil jedenfalls bravourös, mich als Leser direkt in die psychedelische drogenvernebelte Welt von Kim hinein zu ziehen.
Die Geschichte ist anspruchsvoll und nicht immer leicht verdauliche Kost. Vieles davon beschreibt wahre Begebenheiten und erscheint dadurch noch erschreckender. Es geht um Bürgerkrieg, Machtspiele und tödliche Bedrohungen, die direkt und schier unaufhaltsam aus dem Regenwald in unsere Zivilisation vordringen.
Wenn ein Geheimnis gelöst scheint, tauchen wieder neue Fragen auf. Doch am Schluss führen die losen Enden zusammen und wir sind wieder an dem Ort in Brüssel, an dem alles begann.

Mein Fazit: Ein tolles, spannendes Buch mit erschreckendem Hintergrund, das ich gerne weiterempfehle und mit 4,5 von 5 Sternen bewerten würde.