Rezension

Ein cooler Mix aus Comic und Science Fiction

On Mars_ . Band 1 - Sylvain Runberg

On Mars_ . Band 1
von Sylvain Runberg

Bewertet mit 4 Sternen

Science Fiction und Comics mag ich mittlerweile sehr gerne - als Kombination aus beidem hat mich der Comic aus der Feder von Sylvain Runberg und Grun deshalb besonders gereizt. Gemeinsam mit der Protagonistin Jasmine reist der Leser bei diesem Abenteuer auf den Mars und so aufregend das auch ist - es ist vor allem ernüchternd und erschreckend. Denn diesem großen Fortschritt, der Kolonisierung des Mars und der Erschließung von neuem Lebensraum, steht in dieser Geschichte ein wirklich fragwürdiges Konzept gegenüber. Mit der weiterentwickelten Technik ist es den Menschen in Runbergs Geschichte nämlich nicht nur möglich, durchs Weltall zu fliegen und fremde Planeten zu entdecken, sondern auch, sich der ungewollten Menschen auf der Erde zu entledigen. 

 

Haupt-Schauplatz in "On Mars" ist ein Strafgefangenenlager, in dem Sträflinge zusammengepfercht in Baracken leben und tagein tagaus an der Errichtung der Mars-Kolonien arbeiten. Dabei werden sie durch GPS-Tracker und Drohnen ständig überwacht und sollten sie aus der Reihe tanzen, droht ihnen Gewalt oder schlimmeres. Die neue Welt, die so schön und faszinierend sein könnte, wird gewissermaßen von dieser grausamen Art der Versklavung überschattet. Diese Idee gefällt mir außerordentlich gut, denn sie stellt Fluch und Segen des technischen Fortschritts auf sehr explizite, drastische und anschauliche Art und Weise dar. Runberg zeigt mit seiner Geschichte, wozu der Mensch 100 Jahre in der Zukunft imstande sein könnte - was er alles erreichen könnte, aber auch, was er seiner eigenen Spezies antun könnte. Ein Widerspruch in sich, der die Geschichte nicht nur spannend, sondern auch brisant und ungewöhnlich macht.

 

Nicht nur die Geschichte ist faszinierend und fesselnd, sondern auch die Comic Strips von Grun. Was mir an den Zeichnungen ganz besonders gefällt, ist die farbliche Gestaltung. Zum Beispiel sind die Sequenzen, die auf der Marsoberfläche spielen, in einem Orange-Braun gehalten, das perfekt zur eigenen Vorstellung vom Leben auf dem Mars und zur kargen Landschaft des Planeten passt, während Szenen in den Gebäuden der Mars-Kolonie überwiegend grün und Nachtsequenzen blau dargestellt sind. Mir gefällt dieses Konzept, weil es dem Comic einerseits eine bestimmte Struktur gibt und die Farbwahl zum anderen einfach von vorne bis hinten durchdacht wirkt und die jeweilige Stimmung perfekt wiederspiegelt. Aber auch die Zeichnungen selbst haben mich sehr beeindruckt und die Handlung lebendig werden lassen - Grun legt den Fokus ganz eindeutig auf den technischen Aspekt der Geschichte und stellt zum Beispiel die Anzüge der Arbeiter und Aufseher auf dem Mars sowie die technischen Gerätschaften und die Drohnen sehr detailreich dar. Ich persönlich mag das, weil es mir bei Science Fiction häufig schwerfällt, mir die beschriebenen Techniken vorzustellen - Grun lässt sie mit seinen Strips vor den Augen des Lesers lebendig werden. 

 

Insgesamt hat mich diese Geschichte von einer Kolonisierung des Mars und den damit verbundenen möglichen Praktiken einer zukünftigen Generation unheimlich gefesselt und fasziniert. Ein bisschen schade finde ich es allerdings, dass dieser erste Band in Bezug auf den Plot tatsächlich eher wie ein kurzer Teaser wirkt. Der Comic selbst umfasst lediglich 56 Seiten und gibt der sehr komplexen Thematik damit nicht viel Raum. Ich hätte gerne mehr erfahren über das Leben auf dem Mars, über die Entwicklung der Menschheit bis zu diesem Punkt und nicht zuletzt auch über die Figuren, von denen man (Hauptfigur Jasmine einmal ausgenommen) nicht sehr viel zu sehen bekommt. Irgendwie sehe ich in der Geschichte großes Potenzial für ein komplexes, tiefgründiges Universum und bin ein bisschen enttäuscht, dass es insgesamt nur zwei Bände geben wird. Wenn man den Band aber als Denkanstoß sieht und die Geschichte in seinem Kopf weiterspinnt, was höchstwahrscheinlich auch die Intention der Autoren war, ist er wirklich großartig erdacht und spannend inszeniert.

Mein Fazit
Ein bisschen unbefriedigt lässt mich der Auftakt der insgesamt zweiteiligen Comic-Serie "On Mars" zurück - denn für meinen Geschmack hätte der Comic gute 50 oder auch 100 Seiten mehr und eine noch komplexere Handlung haben können. Nichtsdestotrotz ist Runbergs Idee von einem Strafgefangenen-Exil auf dem Mars ebenso faszinierend wie gruselig. Mir gefällt die dystopische Science Fiction Welt, in die man als Leser eintaucht und die so erschreckend real und absolut vorstellbar wirkt. Es ist etwas, was ich so noch nie gelesen habe und was gedanklich in eine Richtung geht, auf die die Menschheit möglicherweise jetzt schon zusteuert. Ein in vielerlei Hinsicht brisanter und vielleicht auch ein bisschen politischer, in jedem Fall aber ein unterhaltsamer und spannender Comic.