Rezension

Ein DDR-Lebenslauf - immer eine Prise gewagter als die Norm

Katzensprung - Uwe Preuss

Katzensprung
von Uwe Preuss

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Klappentext liest sich wie ein Leben im Zeitraffer; der biografische Roman mit knapp 170 Seiten wirkt gegen diesen Kurzwaschgang vergleichsweise ausschweifend. Uwe Preuß erzählt von einem außergewöhnlichen DDR-Lebenslauf. Außergewöhnlich für seine Zeit deshalb, weil die gesamte Familie zeitweilig im Ausland  lebte und nicht wie bei normalen Werktätigen Frau und Kinder des Familienoberhaupts als Pfand in der DDR zurückblieben. Als 15-Jähriger setzt sich der Erzähler mit dem Leben seiner Großeltern auseinander, das im ehemaligen Berliner Scheunenviertel begann und für die Oma in der „Prachtplatte“ mit Bad und zentraler Lage endete. Der Großvater Ernst Waldemar Preuß „mit dem Glasauge“ muss ein Halodri gewesen sein, der sich in nahezu jedem politischen System in Schwierigkeiten gebracht haben wird. Von ihm bleiben ein Häufchen Papiere zurück, wenige Erinnerungsstücke und Abschiedsbriefe an insgesamt 3 Ehefrauen.

Zeitsprünge führen in eine Kindheit in den 70ern in São Paulo, aus kindlicher Sicht routiniert erzählt wie eine Reisereportage, ins unangepasste Dasein als Friedhofsgärtner, schließlich ans Theater, stets geradeso am offenen Konflikt mit dem Regime vorbeischliddernd. Wie im Zickzack laufen die Ereignisse hin und zurück zwischen Dresden, Prag und Temeswar, zwischen  Ausreiseantrag in den Westen, Fernsehkarriere und Konfrontation mit dem Inhalt der eigenen Stasi-Akte. Ein Lebenslauf, der im ohnehin komplizierten Alltag des Kalten Kriegs stets eine Prise gewagter war als der anderer Bürger.

Wem der Klappentext zusagt, der sollte hier bedenkenlos zugreifen.