Rezension

Ein dreckiger, durchgeknallter Exzess.

Angst und Schrecken in Las Vegas
von Hunter S. Thompson

Bewertet mit 4 Sternen

Der amerikanische Traum liegt tot in der Ecke. Diagnose: Überdosis.

"Da is ne riesige Maschine am Himmel, eine Art elektrische Schlange, die direkt auf uns zukommt."

"Schieß das Ding einfach ab." 

"Noch nicht. Ich will ihre Gewohnheiten studieren."

 

 

 

 

Lange musste es im Regal verharren, nun habe ich endlich "Angst und Schrecken in Las Vegas" gelesen.

Eigentlich sollte der Journalist Raoul Duke mit seinem Anwalt (der wird provisorisch mitgenommen) einen Artikel über das Mint400 schreiben. Dies ist ein Motorradrennen in der Wüste bei Las Vegas. Den Vorschuss nutzen die beiden, um den Kofferraum des bereitgestellten Wagens mit Drogen zu füllen. Marihuana, Acid, Meskalin, Kokain, eben alles was man so gebrauchen könnte.

Völlig zugedröhnt machen die beiden sich auf den Weg und stellen nach kurzer Zeit fest, dass man von diesem Rennen ziemlich wenig zu Gesicht bekommt, also wie soll man darüber schreiben? So torkeln sie also lieber in Las Vegas umher und machen die Gegend unsicher. Rutschen immer wieder in skurille Situationen und Konfrontationen mit anderen Menschen. Ständig sind sie höchst paranoid und entdecken hinter jeder Ecke eine Gefahr, stolpern weiter nur um sich bei der nächsten Gelegenheit mal wieder "auszuleben". Zerstörte Hotelzimmer, Putzpersonal vor dem Rande des Nervenzusammenbruchs, zu Tode erschrockene Touristen. Der Duke und Dr. Gonzo hinterlassen eine Schneise der Zerstörung, während sie sich mit einem debilen Lächeln auf dem Gesicht ihre Zeit vertreiben.

Was macht dieses Buch besonders?

Hauptsächlich die skurillen Hauptfiguren. Dr. Gonzo und der Duke haben einen neuen Aggregatzustand des Wahnsinns gefunden.Großartig wie die beiden im Rausch aneinander vorbeiplappern, sich gegenseitig mit ihren Paranoia manipulieren und sich, in perfekter telepathischer Abstimmung lügend, aus den misslichsten Lagen befreien. Auch die gedanklichen Abschweifungen und Hirngespinste von Duke sind originell und urkomisch.

Trotzdem findet man hinter diesem Chaos aus Sinnesstörungen und Realitätsverlust immer wieder gesellschaftskritische Gedanken. Zum Vietnamkrieg, die naiven Hippies und der "American Dream" den Duke und Dr. Gonzo einfach nicht finden können.

 

Ein kleines Problem gibt es allerdings, was man dem Buch aber eigentlich nicht vorwerfen kann. Ich habe das Gefühl, dass der Titel nicht ganz zeitlos ist. Wahrscheinlich war es damals doch noch ein wenig provokativer oder sensationeller. Man spürt die Bissigkeit und den Dreck, man weiß was Thompson versucht hat, aber irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass etwas über diesen scharfen Kanten liegt. Wie eine abschrimende Decke. Eventuell besteht diese Decke aber auch nur aus meiner eigenen Abgestumpftheit.

Auf jeden Fall bekommt man hier kurzweilige, irrwitzige Unterhaltung und eine schillernde Schilderung der damaligen Atmosphäre

Kommentare

Uli59 kommentierte am 10. Oktober 2013 um 10:13

Das klingt interessant. Werde ich bestimmt mal versuchen. Danke für die Rezension.

Thomas Rei kommentierte am 10. Oktober 2013 um 11:09

Nichts zu danken. Viel Spaß :)

Dezembernacht fantasierte am 09. Januar 2014 um 12:13

Hey, tolle Rezension über eins meiner vielen Lieblingsbücher... das Buch ist an Wahnsinn kaum zu übertreffen und nur zu empfehlen.... :)