Rezension

Ein düsteres, ergreifendes Debüt, dessen Ende aber leider etwas vorhersehbar ist.

Dunkelsommer - Stina Jackson

Dunkelsommer
von Stina Jackson

Bewertet mit 3.5 Sternen

„Ich wollte ihr nicht wehtun. Wir haben nur gespielt.“

Ein düsteres Debüt in skandinavischer Tradition legt Stina Jackson mit „Dunkelsommer“ vor. Dieser Spannungsroman ist im Juli 2019 bei Goldmann erschienen und umfasst 351 Seiten.

Schon drei Jahre ist es her, dass Lelles Tochter Lina entlang dem norrländischen Silberweg spurlos verschwand. Seitdem macht der Vater sich Nacht für Nacht auf die Suche nach ihr.

Auch Meja und ihre Mutter sind auf der Suche – auf der Suche nach einem Leben in Stabilität und Sicherheit – und kommen dabei nach Norrland. Als kurz darauf ein weiteres Mädchen verschwindet, verbinden sich Lelles und Mejas Schicksale auf tragische Art und Weise miteinander.

Der Roman fasziniert weniger durch seine Spannung, als vielmehr durch seine durchweg düstere Grundstimmung, wenngleich ein gewisses Spannungsniveau von Anfang bis Ende latent vorhanden ist.

Gegliedert ist das Werk in zwei Teile: Der erste Teil wird auf zwei Ebenen erzählt. Zum einen begleiten Leserinnen und Leser Lelle bei seiner nächtlichen Suche nach seiner Tochter. Auf einsamen Gehöften trifft er auf den einen oder anderen Verdächtigen, er macht sich selbst und anderen Vorwürfe und vertraut niemandem mehr. Sehr gut dargestellt ist, wie anders er mit dem Verschwinden seiner Tochter umgeht als seine Ex-Frau, Anette, was schließlich zu einem Zerwürfnis zwischen den Eheleuten führte. Unterbrochen wird diese Schilderung immer wieder durch Mejas Schicksal. Aufgewachsen mit einer psychisch kranken Mutter, sehnt sie sich nach einer festen familiären Bindung. Als sich auch rund um ihren neuen Stiefvater Geheimnisse auftun, sucht sich die Sechzehnjährige ihren eigenen Lebensraum.

Nachdem erneut ein Mädchen verschwunden ist, tritt im zweiten Teil des Romans eine dritte Erzählperspektive hinzu, nämlich die der Vermissten in ihrem Gefängnis. In diesem zweiten Romanteil werden dann die drei Erzählstränge zusammengeführt, und in einem dramatischen Finale werden die Schicksale schließlich aufgeklärt.

Sehr schade fand ich beim Lesen, dass mir zu Beginn des zweiten Romanteils klar wurde, wer hinter dem Verschwinden Linas steckt, hat es dem Roman doch sehr die Spannung geraubt. Auch das Ende des Romans ist für meinen Geschmack ein wenig zu „schön“, zu harmonisch. Doch lässt sich über Geschmack bekannterweise nicht streiten.

Sehr gut gelungen ist der Autorin der Einblick in das Seelenleben der Protagonist/innen: Es fällt während des Lesens leicht, mit ihnen mitzufühlen und mitzuleiden. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die durchweg plastische Schilderung der norrländischen Landschaft und ihrer Menschen. Hier hat es die Verfasserin meisterhaft geschafft, die düstere Stimmung einzufangen und zu kommunizieren.

Das Cover zeigt aus der Vogelperspektive ein Auto, das nachts in den Wäldern Nordschwedens unterwegs ist, die deutsche Übersetzung des Titels, „Dunkelsommer“, weckt ebenfalls bedrückende Assoziationen, und beides passt somit sehr gut zum Inhalt dieses Spannungsromans.

Insgesamt ist Stina Jackson mit ihrem Debüt ein bedrückender, düsterer Roman gelungen, den sich zu lesen auf jeden Fall lohnt – ein typischer „Schwede“ eben. Aufgrund seiner Vorhersehbarkeit und dem m.E. zu harmonischen Endes vergebe ich dreieinhalb von fünf Lesepunkte(n).