Rezension

Ein einfühlsamer berührender Roman

Und damit fing es an - Rose Tremain

Und damit fing es an
von Rose Tremain

Bewertet mit 5 Sternen

          Ich habe mit „Und damit fing es an“ einen wunderbaren, emotionalen, zu Herzen gehenden Roman um eine lebenslange Freundschaft gelesen!

Gustav Perle und der jüdische Anton Zwiebel lernen sich als Siebenjährige in der Schule im kleinen, schweizerischen Matzlingen Ende der vierziger Jahre kennen. Sie bleiben bis ins reife Alter verbunden. Das ist wiederum mehr Gustavs Verdienst, der Anton nie aus den Augen verliert. Ich habe die Person Gustav als sehr angenehmen, sensiblen, sich nie in den Vordergrund drängenden Menschen verstanden. Ein warmherziger, liebevoller Charakter! Er nimmt sein Leben, sein Schicksal an. Dabei ist er sehr geprägt von den ärmlichen Verhältnissen, in denen er aufwuchs. Seine alleinerziehende, lieblose Mutter hatte ihm eingebläut, zu sein wie die Schweiz. Er solle „sich beherrschen“, was er auch tut.

Rose Tremain erzählt eindrucksvoll im Rückblick von den Ereignissen, Hintergründen vor Gustavs Geburt. Der Leser erfährt vom Leben Emilie und Erich Perles, den Eltern von Gustav. Wie sie sich kennenlernen, wie sich ihr Zusammenleben gestaltet. Berührend sind die Umstände, die unheilvolle Verstrickung der Menschen, die zur Katastrophe führen.

Welche unrühmliche Rolle die Schweiz in der Judenfrage spielte, war für mich neu.

Im dritten und letzten Teil sind Anton und Gustav erwachsen. Während Gustav seine berufliche Zufriedenheit im Führen seines gutgehenden Hotels Perle gefunden hat, ist Anton immer noch ein Suchender. Viele Jahre arbeitete er als Klavierlehrer in Matzlingen. Dann glaubt er doch noch an eine Zukunft als erfolgreicher Pianist auf den Bühnen der Welt. Er verläßt seinen Heimatort und seinen Freund...

Am Ende des Buches resümiert Gustav, ob sein Leben glücklicher verlaufen wäre, wenn er Anton Zwiebel niemals kennengelernt hätte. Er war „geschult“ durch seine Mutter zu lieben, ohne geliebt zu werden. Dieser Mangel an Liebe hatte jedoch dazu geführt, dass er „besessen auf äußerliche Ordnung und Kontrolle“ achtete. Er wollte immer alles bestimmten Kategorien zuordnen. Die Dinge konnte Gustav nie so sein lassen, wie sie sein wollten.

Auch Anton hat, so scheint es, zum Ende hin seine Lebenslektion gelernt. Auf S.327 sagt er: „Wir müssen die Menschen werden, die wir schon immer hätten sein sollen“.

Fazit:
Ein Buch, dass mich einige Male zum Innehalten zwang. In meinem Falle regte mich die einfühlsame, feinnervige Geschichte zum Nachdenken an.
Das Buch war für mich ein außergewöhnliches Leseerlebnis. Dabei kommt die Autorin mit wenigen handelnden Personen aus. Das ist sehr übersichtlich.
„Und damit fing es an“ war meine erste Begegnung mit der Autorin Rose Tremain. Jetzt habe ich sie auf „dem Schirm“.
So viel sei verraten: Die Geschichte um Gustav Perle und Anton Zwiebel endet versöhnlich, aber anders, als ich es mir im Vorfeld vorgestellt hatte.

Sehr zu empfehlen! Von mir gibt es die volle Sternenanzahl!