Rezension

Ein emotionaler Roadtrip

Marianengraben - Jasmin Schreiber

Marianengraben
von Jasmin Schreiber

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Ein Buch in der Hand kann ein echter Rettungsanker sein – wenn die See des Lebens zu rau ist, klammert man sich an Geschichten und lässt sich von ihnen in Sicherheit bringen."

In ihrem Debütroman "Marianengraben" erzählt Jasmin Schreiber von Paula, die nach dem Tod ihres kleinen Bruders in eine tiefe Depression gefallen ist. Bei einem nächtlichen Besuch auf dem Friedhof trifft sie auf Helmut, der die Urne seiner verstorbenen Frau stehlen will, um ihre Überreste an verschiedenen Orten zu verstreuen. In Helmuts Wohnmobil begeben sich die beiden auf den ersten Blick so unterschiedlichen Menschen auf einen emotionalen Roadtrip.
"Marianengraben" ist ein Buch, bei dem Weinen und Lachen nahe bei einander liegen. Während Paula und Helmut von einem Ort zum nächsten fahren, wird der Verlauf immer wieder durch Gedankengänge und Erzählungen Paulas und auch durch Helmuts Erzählungen unterbrochen. Diese Geschichten sind oft sehr emotional und machen deutlich, wie viel Paula verloren hat und dass auch Helmut in seinem Leben einige Schicksalsschläge verarbeiten musste. Der Tod ist auf ihrer Reise allgegenwärtig und dennoch wird auch das Leben gefeiert.

Paula ist ein sehr glaubwürdiger Charakter. Sie berührt mich von Anfang an. Gerade der Moment, in dem sie beschreibt, wie ihre Mutter ihr am Telefon vom Tod ihres Bruders erzählt - ein so grauenhafter Moment in einer so alltäglichen Situation - ist sehr berührend. Paula ist erst genervt, weil ihre Mutter kein Wort herausbringt und dann erfährt sie, dass ihr kleiner Bruder Tim im Meer ertrunken ist. Fortan wird Paula von Trauer und Schuldgefühlen begleitet, denn eigentlich sollte sie im Urlaub dabei sein. Und hätte sie Tim dann nicht retten können? Mit einem Therapeuten kann Paula nicht über ihren Verlust und ihre Gefühle sprechen - nur über Nudeln lässt sie sich aus. Doch dann treten Helmut und sein Hund Judy in ihr Leben. Plötzlich beginnt Paula, sich zu öffnen - dem Mann und dem Hund. Helmut ist verschroben, brummelt gern vor sich hin und ist lieber alleine. Doch er sieht ein, dass er die Reise nicht ohne Hilfe schafft und was schadet es, eine völlig fremde Frau mitzunehmen? Helmut hat eh nichts zu verlieren. Es mag eine Weile dauern, bis sich alle Reisenden aneinander gewöhnt haben, doch am Ende werden sie alle gewinnen.

Fazit: "Marianengraben" ist ein wunderbares Debüt über den Tod und das Leben. Jasmin Schreiber schreibt über Freundschaften, Hunde und Hühner, das Wasser und seine Bewohner, Liebe und Vergebung; gefühlvoll, aber nicht kitschig. Ein lesenswerter Roman!