Rezension

Ein episches und überraschendes Finale

Die Spiegelreisende - Christelle Dabos

Die Spiegelreisende
von Christelle Dabos

Bewertet mit 4 Sternen

"Im Sturm der Echos" ist das Finale der grandiosen Spiegelreisenden-Saga der französischen Autorin Christelle Dabos. Als ich die letzte Seite umblätterte und somit die Saga endgültig beendete, war ich ein wenig wehmütig: Einerseits, weil eine wunderbare Fantasy-Reise hinter mir lag, andererseits, weil mich dieser letzte Band leider nicht zu 100% packen und begeistern konnte. 

Zum Inhalt:
In "Im Sturm der Echos" regiert das Chaos, das "der Andere" mit seinen zerstörerischen Echos angerichtet hat. Die verschiedenen Archen beginnen zu zerbröckeln und aufhalten kann dies nur "der Andere". Ophelia und Thorn sind ihm auf den Fersen, doch die Zeit wird knapp, denn immer größer werden die Teile der Arche, die einfach ins Nichts stürzen. Zudem bekommen sie Gegenwind aus verschiedenen Richtungen, denn nicht alle sind damit einverstanden, dass die Echos, die für die Risse zuständig sind, zerstört werden.

Meinung:
Drei Bände lang hat Christelle Dabos ihre Protagonistin Ophelia auf eine abenteuerliche Reise geschickt, in der diese selten zur Ruhe kam. Rätsel mussten gelöst, ihr Schal gebändigt, Ängste überwunden und Gefahren gemeistert werden. Der vierte und letzte Band sollte nun die losen Enden zusammenführen und somit die Lösung der großen Fragen um Gott, den Anderen und die Echos präsentieren.

Das Auflösen gelingt der Autorin im Großen und Ganzen auch sehr gut. Leider ist der Weg dorthin bisweilen etwas langatmig. Kaum glaubt man sich am Ziel, kommt eine neue Wendung daher. Dazu kommt, dass ich mit den Welten des "Umgekehrten" meine Schwierigkeiten hatte. Ich fühlte mich oft an Christopher Nolans Film "Interstellar" und seinem Spiel mit Raum und Zeit erinnert. Es ist überaus gekonnt, wie Christelle Dabos die Fäden zusammenführt - sicher kein leichtes Unterfangen bei dieser komplexen Geschichte. Doch dieses Hin und Her der Spiegelwelten und die vielen Erklärungen zu den Echos konnten mich nur sehr schwer packen. Weniger ausschweifend wäre mir lieber gewesen. 

Diesen negativen Punkten stehen aber weitaus mehr positive gegenüber. So hat mir sehr gut gefallen, dass das Finale einige unerwartete Ereignisse mit sich brachte. Nicht alle liebgewonnen Charaktere kommen heil aus dem Chaos heraus und nie hätte ich gedacht, dass die Geschichte von Ophelia und Thorn derart endet. Hut ab vor Christelle Dabos, dass sie das Happy End auf ihre Weise auslegt.  Schön fand ich auch, dass die Liebesgeschichte dieser beiden sympathischen Figuren bis zum Schluss in einem eher zarten Rahmen gehalten wurde. Obwohl die Gefühle füreinander stetig wachsen, verkommen Ophelia und Thorn nicht zu Klischees. Und so heißt es auch im Buch "Ich mag, dass wir nicht gewöhnlich sind." Wundervoll! Überhaupt hat mich Christelle Dabos erneut mit ihrer tollen Art zu schreiben begeistert. Meisterhaft spielt die Autorin mit Worten und lässt grandiose Bilder vor dem inneren Auge entstehen. Das ist wahre Schreibkunst. 

Zum Schluss:
Das war es nun, das Ende der Spiegelreisenden-Saga. Über 2.000 Seiten lang bin ich der wunderbaren Ophelia auf ihrem Abenteuer gefolgt und habe mich in die verschiedenen fantastischen Welten der Archen ziehen lassen. Obwohl jeder Teil seine eigenen tollen Welten hatte, bleibt mein Lieblingsband "Die Verschwundenen vom Mondscheinpalast". Der Pol mit seiner Himmelsburg und den nicht ganz ungefährlichen Illusionen versprüht einen ganz besonderen Zauber und ich hätte mir gewünscht, noch einmal zurückzukehren. Auch, weil Archibald neben Ophelia und Thorn zu meinen liebsten Charakteren gehört und ich im Finale gern mehr von ihm gelesen hätte. Die unterschiedlichen, oft ambivalenten Figuren sind Christelle Dabos hervorragend gelungen und tragen ihren Teil dazu bei, dass die Spiegelreisenden-Saga deutlich aus dem großen Meer der Fantasy-Reihen heraussticht.

Fazit: 
Ein episches Finale, das mit den Erwartungen der Leser spielt und einige (tragische) Überraschungen bereithält. Leider drosseln zu viele Erläuterungen das Tempo und lassen die Geschichte etwas schwerfällig wirken. Dennoch ist "Im Sturm der Echos" ein toller Abschluss einer insgesamt zauberhaften und brillant geschriebenen Reihe mit wunderbaren Charakteren, die ich allen Freunden besonderer Fantasy-Geschichten ans Herz legen möchte