Rezension

Ein erschütterndes Zeitzeugnis

Feder im Sturm - Emily Wu

Feder im Sturm
von Emily Wu

Bewertet mit 4 Sternen

„Feder im Sturm ist meine Geschichte und die meiner Familie. Aber es ist auch die Geschichte von Millionen Kindern wie mir, deren Geschichte niemals erzählt wurde und die wie ich das Unglück hatten, in eine Zeit revolutionärer Umwälzungen voller Brutalität und Unmenschlichkeit hineingeboren zu werden.“
 
Das sagt Emily Wu in ihrem Nachwort. Sie hat die komplette chinesische Kulturrevolution miterlebt. Anfang der 60er Jahre war sie ein kleines Mädchen, Tochter eines Literaturprofessors und einer Lehrerin und entstammte damit einer „schwarzen Familie“, einer Familie, die in den Augen der Kommunisten Maos ganz besonders suspekt ist. Intellektuelle fügen sich nicht einfach ins System, sind per se Konterrevolutionäre noch dazu handwerklich ungeschickt und unproduktiv, so die Meinung des neuen Regimes, das deshalb mit unglaublicher Willkür alle Intellektuellen diskriminierte. Sie verloren zuerst ihre Arbeit, dann ihr Selbstbestimmungsrecht, wurden wahllos interniert, schikaniert oder deportiert, zur Landarbeit Bauern unterstellt, damit sie arbeiten lernen. Wie Federn im Sturm waren  sie hilflos den Gegebenheiten ausgeliefert. 

Emily Wu erzählt, was sie erlebt hat, wie sie als Kind immer wieder von ihren Eltern getrennt wurde, was ihre Familie und ihre Freunde erleiden mussten, nur weil sie gebildet waren. Manch einen hat die Situation in den Selbstmord getrieben. 

Dieses Buch ist ein erschütterndes Zeitzeugnis, das sich leicht liest und das Augen öffnet. Es erzählt fesselnd eine tragische Lebensgeschichte und erklärt gleichzeitig das chinesische Weltbild der Kulturrevolution auf äußerst plastische Art. Es ist kein Lesespaß, aber wahrhaft erhellende Lektüre.