Rezension

Ein fabelhaftes Buch über Liebe, Freundschaft und das Leben

Will & Will - John Green, David Levithan

Will & Will
von John Green David Levithan

Bewertet mit 5 Sternen

"W-I-L-L G-R-A-Y-S-O-N?", sagt er, mit rasender Geschwindigkeit Vor- und Nachnamen herunterbuchstabierend.
"Äh, ja", sage ich. "Warum fragst du?"Der Junge schaut mich eine Sekunde an, den Kopf schräg gelegt, als ob er glaubt, dass ich ihn verarschen will, und schließlich sagt er: "Weil ich auch Will Grayson bin" -Seite 140

In dem Roman "Will & Will" von John Green und David Levithan geht es um zwei Jungs mit dem selben Namen, die durch Zufall aufeinander treffen. Die beiden Wills kennen sich zu Beginn des Buches nicht, doch schon bald stoßen die beiden auf bizarre Weise in einem Sex-Shop in Chicago aufeinander.

Der erste Will Grayson, John Greens Will hat nur einen Freund: Tiny Cooper, der jedoch alles andere als "klein" ist. Er ist ein lauter, emotionaler, hochgewachsener, abgedrehter Bursche und richtig, richtig schwul. Tiny hat eine Beziehung nach der Anderen und versucht, Will mit seiner Freundin Jane zu verkuppeln. Desweiteren arbeitet Tiny an seinem eigenen Musical, das seine Lebensgeschichte umfasst, und  in dem auch Will als "Phil Wrayson" vorkommt. Es soll auf der Schulbühne aufgeführt werden, und den Studenten das Thema Homosexualität näher bringen.
Will ist ein sehr ruhiger Bursche, der nie sagt was ihn nervt, denn Will hat zwei Regeln in seinem Leben aufgestellt, an die er sich zu halten versucht, denn alles Unglück, das ihm bisher widerfahren ist, hängt mit dem Verstoß einer der folgenden Regeln zusammen. Diese wären:
1.) Lass nichts zu nah an dich ran; und 
2.) Maul halten. 
Für mich scheint er ein bisschen Angst vor dem Leben selbst zu haben. Er ist ein Mitläufer und steht ziemlich im Schatten seines Kumpels Tiny.

Auf der anderen Seite der Stadt lebt David Levithans Will Grayson allein mit seiner Mutter. Die meiste Zeit hängt er mit einem Mädchen namens Maura zusammen, die stark davon überzeugt ist, dass Will homosexuell sei, doch dieser weigert sich, ihr irgendetwas persönliches von sich preis zugeben. Will ist ein trauriger Charakter, der nur wenig Kontakt mir Anderen hat. Er nimmt Tabletten gegen Depressionen und sein einziger richtiger Freund ist sein Online-Schwarm Isaac, der in Ohio lebt und mit dem er jede Nacht schreibt. Als sie sich das erste mal in Chicago treffen wollen, läuft er dort ausgerechnet seinem Namensvetter über den Weg.

Der Roman gliedert sich in 20 Kapitel, die abwechselnd aus der Sicht der beiden Wills geschrieben sind. Die beiden Perspektiven sind zum Glück sehr leicht zu unterscheiden, da sie sich im Schriftstil unterscheiden, denn bei der Sicht von Levithans Will Grayson wird nur auf Kleinbuchstaben zurückgegriffen.
Beide Wills waren unglaublich interessant zu lesen, obwohl ich zugeben muss, dass ich David Levithans Will ein kleines bisschen mehr mochte. Ich liebte seinen inneren Monolog, und all die bissigen Bemerkungen, mit denen er immer um sich warf, auch bei seiner Mutter. 
John Greens Will war ebenso gut entwickelt und komplex, wenn auch nicht so tragisch wie der andere Will. Aus Angst sich zu verletzen, ist er sehr in sich gekehrt und hält stets einen sicheren Abstand zu anderen Menschen.

Will & Will ist ein unglaublich lustiges und aufschlussreiches Buch. Die Charaktere sind großartig, der Schreibstil wunderbar und das Konzept frisch. Obwohl die Jungen den gleichen Namen tragen, könnten sie Anfangs gar nicht unterschiedlicher sein. Doch schon nach wenigen Kapiteln merkt man, dass die beiden sich doch ziemlich ähnlich sind. Sie beide durchleben die schwierigen Phasen des Erwachsenwerdens, die beide Autoren authentisch schildern. Will und Will haben es beide in ihrem Umfeld nicht leicht, machen sich viele Gedanken um das Leben und die Welt - und bleiben dennoch auf dem Boden der Tatsachen.
Die Nebenfiguren sind ebenso speziell wie die Hauptcharaktere, der Leser bekommt eine Vielzahl an Figuren geboten: ein musikverliebtes Mädchen, liebenswürdige Freunde, ...
Und Tiny Cooper! Ich liebe Tiny Cooper! Tiny Cooper ist Grund genug, dieses Buch zu lesen. Er ist einfach genial. Tiny ist die Art von Mensch, dem es egal ist, was die Leute von ihm denken. Er strahlt vor positiver Energie und hat eine außergewöhnlich interessante und lebendige Persönlichkeit.

Das Buch ist witzig, gefühlvoll und ehrlich. Beide Autoren haben eine tolle Zusammenarbeit bewiesen und wunderbare Charaktere erschaffen. Keiner von ihnen ist perfekt, hat seine persönlichen Ecken und Kanten und doch sind sie so sympathisch, dass das Lesen mir eine riesen Freude bereitet hat. Obwohl das Buch "Will & Will" heißt, könnte es genauso gut "Will & Will & Tiny" heißen, denn Tiny ist so präsent, dass man ihn durchaus auch als Hauptfigur ansehen kann.
Das Ende ist zwar überraschend, aber wunderschön und es passt einfach. Es ist zwar offen, aber dennoch irgendwie abgeschlossen.

Levaithan und Green sind ein Traum-Duo, wenn es um die Schaffung eines wirkungsvollen Leseerlebnisses, das einem noch lange im Gedächtnis bleibt, geht. Die beiden haben ein fabelhaftes Buch über die Liebe geschrieben, über Freundschaft, Homosexualität, Musik, Depressionen und Familie. Über Ängste und Wut. Einfach über das Leben.