Rezension

Ein fantastischer und literarisch anspruchsvoller Roman

KRYONIUM - Matthias A. K. Zimmermann

KRYONIUM
von Matthias A. K. Zimmermann

Gefangen an einem unbekannten Ort, schmiedet der Erzähler heimlich Fluchtpläne. Die Tatsache, ohne Erinnerungen zu sein, erschwert das Vorhaben. Doch der Drang, endlich auszubrechen aus diesem furchteinflößenden, schneeverwobenen Schloss, lässt ihn jedes Risiko eingehen. Und so gerät der Erzähler immer tiefer hinein in einen wirren Strudel aus rätselhaften Begegnungen und magischer Paranoia, die er spielerisch zu entschlüsseln hofft, was ihn letztlich zum Ursprung seiner Erinnerungen führt. Der All-Age-Roman ist ein technoides Märchen, das sich mit Virtualität auseinandersetzt und die Frage aufwirft, was Erinnerungen sind und was sie bedeuten. Nichts ist so, wie es scheint in der Geschichte und die Frage, was Realität ist, muss immer wieder neu überdacht werden.

Inhaltsangabe:

Am Rande einer verschneiten Insel im Nirgendwo befindet sich ein prachtvolles Schloss, welches nur von Wäldern und einem großen See umgeben ist. Alle darin befindlichen Schlossbewohner sind in strikte Rangordnungen eingeteilt, die jeder zu befolgen hat. Die Obrigkeit besteht aus dem König und seinen Rittern, die Mittelschicht bilden sämtliche Wachen und Hofdamen und an letzter Stelle der Hierarchie folgt die Unterschicht mit den Untertanen, zu denen auch "der Erzähler" gehört. 
Dieser hat jedoch keinerlei Erinnerungen- weder an seine Identität, noch wann und wie er an diesen mysteriösen Ort gelangt ist. Ebenso stellt er sich immer wieder die Frage was ihn hierher geführt hat und vor allem warum? Keiner der Anwesenden will ihn über diese ungewöhnlichen Umstände aufklären oder ihm gar helfen von diesem unbekannten Ort zu entkommen. Nicht nur, dass es strengstens verboten ist einen Fluchtversuch zu starten, es wäre auch zudem völlig zwecklos, da sich ein bösartiges Ungeheuer in dem zugefrorenen See befindet, welches all diejenigen tötet, die einen Ausbruch über das Gewässer wagen. Selbst ein Entkommen durch den dichten Wald ist ausgeschlossen. Ausgehungerte Wildtiere und eine bösartige Hexe halten sich darin auf, die alles daran setzen den Flüchtigen Einhalt zu gebieten. Auch wenn es noch ein paar gute Fabelwesen wie Einhörner gibt, können diese nicht helfen das Böse aufzuhalten. Die schier unüberwindbaren Hindernisse mit den jeweiligen Gefahren machen ein Entfliehen aus dieser Gegend nahezu unmöglich und versetzen die Bewohner somit in Angst und Schrecken. 
"Dem Erzähler" wird eine wichtige Aufgabe zugeteilt- nämlich bei der Entwicklung von Leuchtmitteln mitzuwirken, die das lichtempfindliche Ungeheuer im See in Schach halten soll. Die Panik und Aussichtslosigkeit das verfluchte Schloss nie mehr verlassen zu können, wuchs in kürzester Zeit bei sämtlichen Bewohnern zu einer hoffnungslosen Qual. Trotz des Bewusstseins ihr Leben bei dem Fluchtversuch verlieren zu können, wagen dennoch acht Untertanen einen Ausbruch mit fatalen Folgen. Nur durch einen glücklichen Zufall findet "der Erzähler" den Zauberstab der bösartigen Hexe aus dem dunklen Wald. Dieser Gegenstand lässt den Schluss zu, dass die mächtige Magierin tot ist. "Der Erzähler" wiegt sich in Sicherheit und versucht heimlich im Alleingang mit dem Zauberstab einen Fluchtplan zu schmieden. Doch dieses Vorhaben misslingt kläglich und damit beginnt für "den Erzähler" eine Reise, welche ihn psychisch und körperlich an seine Grenzen bringen wird. Doch auch die Welt um ihn herum soll auf einmal in einem ganz neuen Licht erscheinen... 

Eigene Meinung:

"KRYONIUM - Die Experimente der Erinnerung" ist ein All-Age Roman des österreichischen Autors Matthias A. K. Zimmermann. Auf 324 Seiten begleitet der Leser den scheinbar anonymen und identitätlosen "Erzähler", der an einem ihm unbekannten Ort gefangen gehalten wird. Diesem fehlen nicht nur die kompletten Erinnerungen an seine Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart bleibt er von der Ahnungslosigkeit seines Daseins und vielen weiteren ungeklärten Fragen nicht verschont. Alleine diese Ausgangssituation wirkt beängstigend und zugleich höchst spannend auf den Leser- und dies nach nur wenigen Anfangsseiten. Obwohl sich der Protagonist immer wieder in Gefühlsverwirrungen verstirkt, versucht er trotzdem konsequent sich aus dieser vermeintlich ausweglosen Situation zu befreien. 
Der Autor lässt "den Erzähler" mehrere Ebenen durchlaufen, die ihn ständig vor neue Herausforderungen stellen und ihn zugleich zu seinem eigenen Ich und dem verlorenen Gedächtnis führen. Sowohl psychisch als auch körperlich gelangt der Protagonist immer wieder an seine Grenzen, die er jedoch allesamt hervorragend durchbricht. Die Suche nach seinen Erinnerungen und seiner Identität finden zwar am Ende dieses rätselhaften Romans ein Ende, allerdings in einer komplett neuen Gestalt, die zu Beginn des Buches so überhaupt nicht vorhersehbar war. Matthias Zimmermann weiß ganz genau, wie er durch seinen ungewöhnlichen, neuartigen- aber auch anspruchsvollen Schreibstil seine Leser unterhalten muss, sodass diese sich dem Sog der Geschichte und den dabei entstehenden, atmosphärischen Bilder nicht entziehen können. Der Schriftsteller versteht es mit einer Leichtigkeit sämtliche Details in einem weiten Zusammenhang zu stellen, sodass die komplette Handlung rund um "den Erzähler" bei jedem Kapitel eine komplett neue Version annimmt, die nichtsdestotrotz plausibel und stimmig im Gesamten wirkt. 
Fazit: Ein fantastischer und literarisch anspruchsvoller Roman, der sich komplett von meinen bisher gelesenen Fantasyromanen abhebt. Ein technoides Märchen, welches in keinem Regal fehlen darf. 
Meine Bewertung: 5 von 5 Sterne