Rezension

Ein fesselnder Debütroman!

Dschungel - Friedemann Karig

Dschungel
von Friedemann Karig

Nachdem sein bester Freund Felix aus Kindheits- und Jugendtagen spurlos im kambodschanischen Dschungel verschwunden ist, macht sich der namenlose Erzähler auf die Suche. Was folgt, ist eine lange Reise nach Backpacker Art durch das asiatische Land, immer nach der Suche nach neuen Hinweisen und Spuren. 

Felix und „Herr Doktor“ – ein ungleiches Freundespaar, wie es wahrscheinlich unzählige gibt. Der eine taff, abenteuerlustig und frech (Felix) und der andere eher zurückhaltend und immer zu seinem Freund aufblicken. Zwischen den Abschnitten, die „das Finden“ des Erzählers in Kambodscha beschreiben, ist immer ein Kapitel eingeschoben, welches sich (in fast chronologischer Reihenfolge) mit der Kindheit und Jugend der beiden befasst. Felix ist (vor allem zu Beginn in der Kindheit) eindeutig der dominantere der beiden, er nennt den Erzähler leicht verächtlich „Herr Doktor“, während dieser ständig überlegt, was er sagen könnte, um Felix zu beeindrucken. Die Beziehung der beiden nimmt dabei den Hauptteil des Werkes ein – nicht nur in den „Kindheitskapiteln“. Auch auf der Suche nach seinem verschwundenen Freund redet der Protagonist mit Felix in seinem Kopf – und zwar sehr häufig. Dieser Aspekt hat mit an dem Roman eher weniger gefallen, man bekommt den Eindruck, als wäre der Protagonist extrem besessen von seinem Freund – außerdem sind die imaginierten Dialoge immer inhaltlich recht ähnlich. Ansonsten sind die Personen – mit Ausnahme vielleicht von Felix Mutter, die sehr blass bleibt, überzeugend konstruiert. 

Friedemann Karigs Sprache ist zwar recht einfach, aber sehr fesselnd. Kurze Sätze machen es einfach, der Handlung zu folgen, sodass auch ich das Buch innerhalb weniger Tage in einem Rutsch durchgelesen habe – man möchte unbedingt wissen, wie das Buch ausgeht (auch wenn das Ende für mich nicht soo überraschend kam, wie in anderen Rezensionen beschrieben). Mit knapp 380 Seiten fällt das Buch zwar nicht sehr lang aus, dennoch hat man während und nach dem Lesen das Gefühl, die Charaktere sehr gut kennengelernt zu haben. 

Stichwort Konsumkritik: Vor allem im letzten Abschnitt wird die Kritik Karigs an unserem aktuellen Reiseverhalten deutlich. Menschen – vor allem junge Menschen – reisen ans andere Ende der Welt, hetzen sich dort von einem Land in das nächste, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein – eine Kritik, der ich zu hundert Prozent zustimmen kann. 

In vielen Rezensionen wird Dschungel als Reiseroman beschrieben. Das ist er meiner Meinung nach definitiv nicht. Die Schilderungen der Landschaft und der einheimischen Bevölkerung sind meist sehr knappgehalten, einzig die Mitreisenden werden hin und wieder ausführlich analysiert. Da sich ein Großteil der Geschichte im Inneren des Erzählers abspielt, ist Dschungeln für mich viel mehr ein typischer Entwicklungsroman, in dem sich der Protagonist sich hauptsächlich mit sich selbst auseinandersetzt. Auch das Ende, über das ich natürlich nichts verraten möchte, steht ganz im Sinne dieser Entwicklung.