Rezension

Ein fesselnder, düsterer, dystopischer Roadtrip

Nachtparade - Ronald Malfi

Nachtparade
von Ronald Malfi

Bewertet mit 5 Sternen

"Wandernder Wahnsinn" wird sie genannt – eine todbringende Krankheit, durch die der Menschheit die totale Vernichtung droht. Niemand weiß, woher sie kam und niemand weiß, wie man sie bekämpft oder eindämmen kann. Die Ausbreitung scheint unaufhaltsam. Zuerst wurden alle Vögel ausgelöscht und mit ihrem Aussterben verbreiteten sich die Insekten sprunghaft. Es gibt kein Entrinnen und doch sind David und seine Tochter Ellie auf der Flucht, denn das Kind ist besonders und könnte das Heilmittel in sich tragen. David will ihr Leben nicht aufs Spiel setzen, verhindern, dass mit ihr zu Versuchszwecken experimentiert wird und so setzt er alles daran, Ellie vor der Regierung zu verstecken. Ein Roadtrip durch eine Welt am Abgrund beginnt, bei dem David immer mehr die Kontrolle zu verlieren scheint.

Leseeindruck

"Nachtparade" (OT: The Night Parade) ist der für mich vierte Roman des Autors Ronald Malfi und neben "December Park" (einem tollen Coming of Age-Roman) mein bisheriges Highlight. Er versteht es, den Leser mit seinem bildhaften Schreibstil und dem Talent für eingängige Figurenzeichnungen zu fesseln. Seine Geschichten sind nicht nur spannend und lebendig, sondern haben auch eine immense Sogwirkung und damit besten Unterhaltungswert. Auf ein bestimmtes Genre ist er nicht festgelegt, mit "Nachtparade" liefert er aber einen düsteren Endzeitthriller mit Horrorelementen, der mich von der ersten bis zur letzten Seite fesseln konnte. Dabei erzählt er die Geschichte mit Hilfe zweier gegenläufiger Zeitebenen (Gegenwart und zwischengeschobene Erinnerungen des Protagonisten), die am Ende gekonnt zusammengefügt werden.

Ein Vater, der für die Liebe zu seinem einzigen Kind alles tun würde. Eine tödliche Epidemie, die unaufhaltsam vorrückt. Ein achtjähriges Mädchen, das besonders ist und der Schlüssel zur Heilung sein könnte sowie eine nervenaufreibende Flucht quer durch ein zerstörtes Land, bei der die Beiden viel verlieren und doch einander niemals aufgeben. Das sind die Zutaten, aus denen Malfi seinen Roman kreiert und es ist ihm meines Erachtens sehr gut gelungen. Der Fokus liegt klar auf dem Vater und seinem Kind, ihre Geschichte und ihre Bindung zueinander. Er lässt die beiden Höhen und Tiefen miteinander erleben, baut sie aus und gibt ihnen eine eigene Stimme. Ihre Ängste, die Liebe, Verzweiflung, Trauer und Freude erlebt der Leser nicht nur hautnah mit, es ist als wäre man mit ihnen gemeinsam unterwegs und teile die Empfindungen. Aber auch die Nebencharaktere modelliert er hervorragend und lässt sie authentisch agieren.

Natürlich nutzt Malfi typische dystopische Elemente, die ein wenig an gängige Formate wie "The Walking Dead" (allerdings ohne Zombies) oder auch an "The Road" (McCarthy) erinnern. Er erfindet das Rad nicht neu, gibt der Geschichte aber durchaus ihre eigene Note. Geschickt lässt er den Leser oft im Dunkeln tappen, wirft ihm häppchenweise Antworten hin, die aber nicht immer eindeutig sind. Und so spekuliert, hofft, zweifelt und fiebert man bei der Lektüre mit. Es ist eine eigene, spannende Reise mit einem tollen Setting, die der Leser hier antrittt. Doch es ist eine lohnenswerte Reise, bei der der sprichwörtliche Weg das Ziel ist.

Fazit

"Nachtparade" ist ein spannder, fesselnder Pageturner mit einem düsteren Setting und sehr gut gezeichneten Figuren. Die besondere Erzählweise, bei der der Leser Stück für Stück wichtige Puzzleteile erhält, die er dann mittels beider Erzählstränge zusammensetzen kann, lässt den Leser förmlich durch die Seiten fliegen. Für mich ein durchweg gelungenes Leseerlebnis und deshalb auch uneingeschränkt empfehlenswert.

Kommentare

hobble kommentierte am 01. Mai 2018 um 06:13

Was fürs Wunschregal

yvy kommentierte am 02. Mai 2018 um 11:23

Auf jeden Fall. ;)