Rezension

Ein fiktiver Roman entlang historischer Fakten.

Reise nach Laredo -

Reise nach Laredo
von Arno Geiger

Nach seiner Abdankung im Jahr 1556 wählte Kaiser Karl V. (König Karl I. von Spanien) das Monasterio de San Jerónimo de Yuste, ein Hieronymitenkloster, schon 1554 als Ruhesitz. 1558 starb er hier im Alter von 58 Jahren. Neben dem Kloster hatte er für sich und seine Entourage ein einfaches Haus errichten lassen. Die Schlichtheit und die extreme Abgeschiedenheit machen den Besuch des Klosters zu einem eindrucksvollen Erlebnis: Der ehemalige Herrscher über ein riesenhaftes Reich auf zwei Kontinenten verzichtete im Alter auf fast allen Komfort. Kaum Möbel und nur spärliche Dekoration (ein Bild von einem Greif?) befinden sich in den Zimmern, luxuriös ist allein der Ausblick auf den Garten und das bergige, frische, von üppiger Vegetation geprägte Umland der Extremadura. So wirbt dieses Kloster auf seiner Website.

Der Charakter des großen Kaisers kommt auf dieser, seiner letzten Reise nach Laredo voll zum Vorschein. Biographisches und Fiktives sind kreativ verbunden. Seine Vorliebe für schwarze Bekleidung, seine Freude an Uhren, sein kirchlicher Fanatismus im Einklang mit der Inquisition, seine Völlerei, seine Reizbarkeit und sein Eigensinn, aber auch seine steigende Sehnsucht im Alter nach Ruhe des Geistes und des Körpers werden beschrieben.

Die Leiden und Krankheiten, die ihn von Jugend auf geplagt haben, die Gichtanfälle, Asthma und Hämorrhoidalbeschwerden sowie Fieber wie bei Malaria, sollten König Karl I. von Spanien eigentlich nicht befähigt haben, im Jahre 1558 die lange, mühsame Strecke von Juste nach Loredo zu reisen. Eher ist diese Reisebeschreibung mit all ihren Abenteuern der Biographie des Kaisers (seiner letzten Reise von Laredo nach Juste im Jahre 1856) als Anregung für diesen Roman entnommen. Der ihn begleitende elfjährige Junge Geronimo wird zunächst nicht offiziell als natürliches Kind Karls anerkannt, wie im Roman angedeutet. Tatsächlich war dieses Kind schon 1550 nach Spanien geschickt und dort unter der Obhut des Luis de Quijada in Leganes von einfachen Leuten im Stillen erzogen worden. 1554 nahm Quijada Geronimo in sein Haus auf. Während Karls Aufenthalt in San Juste war der uneheliche Junge im Gefolge Quijada’s, so dass der alte Kaiser ihn oft sehen konnte. In einem Codizill, das er seinem Testament beifügte, empfahl er seinem Sohn König Philipp II. die Sorge für seinen jüngeren Halbbruder Johann von Oesterreich (Don Juan de Austria) nach seinem Tode, 1561 endlich legitimiert.

Auch die Nebenfiguren wie der Sekretär Willem Van Male, sein Leibarzt, sein Beichtvater Fray Regla oder Oberst Quijada können Karl bei der Überwindung seiner inneren Leere, Depression und Gewissensprüfung nicht behilflich sein. Interessant ist die Erwähnung von Cagots und deren Ausgrenzung in Spanien.

Die Beschreibung des letzten Weges Karls zum Auffinden des Sinns im Leben ohne Bitterkeit ist berührend, der Schreibstil der innewohnenden Botschaft ist angemessen und überzeugend.