Rezension

Ein Finale, das einen sprachlos zurücklässt

The Other Side of Dawn
von John Marsden

Cover:
Ich finde das Cover toll, weil es Hoffnung ausstrahlt und durch die Farben auch nicht mehr so düster und bedrückend wird, wie die Vorgänger.

Meinung:
Wow, ich weiß absolut nicht, wie ich das, was John Marsden in diesem Buch heraufbeschworen hat, in eigene Worte fassen soll.
Die Jugendlichen erhalten Besuch von einem neuseeländischen Captain, der sie mit Luxusgegenständen wie Schokolade und Waffennachschub versorgt und ihnen von dem Plan der Neuseeländer berichtet, den Krieg zum Stillstand zu bringen. Um bis dahin nicht untätig herumzusitzen, wollen die Jugendlichen einige Vorstöße wagen und die gegnerische Armee zusätzlich schwächen. Ellie wird in diesem Manöver angeschossen und von ihren Freunden getrennt…
Als ich anfing, das Buch zu lesen, war ich wieder ein klitzekleines bisschen gelangweilt. Die Abhandlungen von Captain Ryan waren wieder sehr militärisch und haben mich nicht allzu stark interessiert, weil nur die Information wichtig war, dass es konkrete Pläne gibt, um den Krieg zu beenden. Wobei diese Meldung sehr überraschend kam, weil man überhaupt nicht wusste, warum es jetzt plötzlich möglich ist, Frieden zu stiften.
Doch als Ellie angeschossen wurde, wandelte sich die Stimmung im Buch zusehends. Es wurde so spannend und so actionreich, dass die Bände vorher alle in den Schatten gestellt wurden, wenn man von dem Ende im dritten Band absieht. Ich klebte an diesem Buch, inhalierte die Seiten und wollte einfach nur noch wissen, wie es weitergeht. Ob Ellie überleben wird und ob ihre Freunde überleben. Und ob sich der Krieg beenden lassen kann.
In diesem Band entwickelt die Sprache von John Marsden ihre geballte Kraft. Ellies Worte sind so eindringlich, so schonungslos und so wahr, dass ich sprachlos war. Darin war einfach alles erhalten. Liebe. Wut. Hass. Verzweiflung. Hoffnung. Freude. Trauer. Unbeantwortete Fragen. Tatendrang. Lethargie. Diese Liste könnte ich endlos fortführen. Man wird als Leser selbst in jegliche Emotionen versetzt, die man sich nur vorstellen kann.
Am eindrucksvollsten fand ich aber Ellie selbst. Sie hat uns alles offenbart, was sie konnte. Sie hat sich vollständig gläsern gemacht, was ihr absolut nicht leicht fiel. Und wie Ellie wurde auch ich als Leser gläsern, weil sie mir so nahe war. Das Ende hat sich deshalb angefühlt, als würde mein gläserner Körper zersplittert, um dann Stück für Stück zusammengesetzt zu werden, mit Detailliebe zu jedem einzelnen Riss.
Ich denke, es wird niemanden verwundern, wenn ich sage, dass Australien befreit wird. Ich werde nicht verraten, wer überlebt, ich werde nur sagen, dass die Gruppe sich anders entwickelt, als man es sich als Leser vielleicht wünscht. Und das fand ich toll, auch wenn ich mit dieser Entwicklung alles andere als glücklich war. Aber sie war realistisch und authentisch und da passieren nun mal Dinge, mit denen man so nicht einverstanden ist.
Die letzten Kapitel beschäftigen sich mit dem Wiederaufbau. Mit der Suche nach geliebten Familienmitgliedern, Freunden und Personen, die einem wichtig sind. Damit, die Häuser wieder neu einzurichten und das Schreckliche zu vergessen, was wohl niemals möglich sein wird.
Ich habe jede Figur so furchtbar lieb gewonnen, dass es mir mehr als schwer fällt, diese Gruppe der Jugendlichen gehen zu lassen und irgendwo weiß ich tief in mir drin, dass es eine Art Abschied für immer ist, eben weil sich so viel geändert hat und weil ich mir denken kann, dass in der nachfolgenden Trilogie „The Ellie Chronicles“ nicht jeder noch einmal auftauchen wird…
Schade fand ich nur, dass nicht genau beschrieben wurde, warum Australien eigentlich so plötzlich eingenommen wurde. Hier und da lassen sich Vermutungen finden, die ich aber nicht ausreichend fand, da die Jugendlichen politisch nicht allzu viel Bescheid wussten und nur vage Gedanken dazu hatten. Das hätte mich schon interessiert, aber vielleicht gibt es darauf Antworten in der anderen Reihe.

Fazit:
Dieses Finale lässt mich absolut sprachlos zurück. Es besteht aus sprachlicher Gewandtheit, wie man sie selten trifft; die einen als Leser direkt ins Herz trifft. Die Emotionen sind reichhaltig und vielfältig und man hat beim Lesen des Buches keine ruhige Minute. Vor allem Ellie als Protagonistin entfaltet hier ihre volle Charakterstärke, die mich absolut umgehauen hat. Tut euch was Gutes und lest diese Reihe trotz einiger Längen und winziger Makel. Sie ist einfach toll.