Rezension

Ein finnisches Märchen

Dinge, die vom Himmel fallen
von Selja Ahava

Bewertet mit 4 Sternen

Dinge die vom Himmel fallen ist ein schönes Buch, mit traurig-melancholischem Touch, einer kuriosen Geschichte und wirklich lesenswerten Passagen. Zu Beginn der Geschichte erzählt die achtjährige Saara aus ihrem Leben. Durch einen unglaublichen Zufall ist ihre Mutter gestorben und nun lebt sie mit ihrem komplett aus der Bahn geworfenen Vater bei ihrer Tante Annu. Und auch die Tante hat mit einem unglaublichen Zufall der ganz anderen Art zu kämpfen. Beeindruckend war, wie Saara erzählt. Die Mischung aus kindlichen Gedanken und einer Abgeklärtheit, die Erwachsene einem so jungen Mädchen oft nicht zutrauen hat mir sehr gut gefallen. Wie sie sich an ihre Mutter erinnert war ergreifend. Es gibt einige Stellen, an denen ich eine dicken Kloß im Hals hatte.

So weit so schön. Mir hat nur die Richtung, in die sich die Geschichte entwickelt nicht Hundertprozentig gefallen. Plötzlich wechselt die Erzählperspektive und wir lesen einen Briefwechsel von Saaras Tante Annu und dem Schotten Hamish. Sie unterhalten sich über unglaubliche Zufälle. Auch das fand ich noch ganz schön - und vor allen Dinge unterhaltsam! Nur war es schade, das Saara und ihre Eltern so aus dem Fokus verschwunden sind. Noch weniger gefallen hat mir dann ein erneuter Perspektivwechsel zu einer bis dahin unbekannten Frau. Zwar sind wir damit auch zurück bei der mittlerweile 12 jährigen Saara und ihrem Vater, aber dass Saara von ihr konsequent als „das Mädchen“ tituliert wird, wollte sie mir ganz und gar nicht sympathisch werden lassen. Zum Schluss kehrt die Geschichte zwar wieder zu ihrer ursprünglichen Erzählerin zurück, aber die Wechsel hätte man sich in meinen Augen auch sparen und eine elegantere Lösung finden können.

Trotzdem finde ich, dass Dinge die vom Himmel fallen vor allem wegen seiner Sprache und seiner speziellen Mischung aus schönen und traurigen Momenten ein lesenswerter Roman ist. Auch seine Länge ist sehr angenehm. Er mag etwas unbequem sein, weil er keine Antwort auf die Zufälle des Lebens bietet und einen gleichzeitig mit der Nase drauf stößt. Aber allein wegen Stellen wie dieser, hat mir das Lesen Freude bereitet:
Mal kommt der Weltuntergang, mal bricht schlagartig das Paradies aus. Mal stirbt jemand so unbemerkt, dass man es gar nicht kapiert. Vielleicht versucht so eine Person dann, als Gespenst wiederzukehren und seine unfertigen Geschichten weiterzuerzählen. Obwohl sie eigentlich einfach nur fortgehen sollte. Am Straßenrand aussteigen und das Auto davonfahren lassen. Sich in Schwarz-Weiß verwandeln. Kleiner werden und die Zeitform ändern. - S. 202