Rezension

Ein fulminanter Historienschmöker - Großartig!

Vor dem Abgrund
von Tom Finnek

Bewertet mit 5 Sternen

Londons schwarzes Herz

Im Londoner East End des späten 19. Jahrhunderts begegnen sich die junge, entscheidungsfreudige Celia Brooks und der reiche Hotelierssohn Rupert Ingram. Während das Mädchen auf der Suche nach ihrem verschollenen Vater ist, möchte Rupert seinem bisher fremdbestimmten Leben entfliehen und sich gegen die bestehenden Zwänge zur Wehr setzen. Als die beiden sich immer wieder über den Weg laufen und anscheinend nach der gleichen Fotografie suchen, wird deutlich dass es sich um weit mehr als eine Zufallsbekanntschaft handeln muss. Es entspinnt sich ein persönliches Drama in der Vergangenheit, welches das Leben der beiden jungen Menschen nachhaltig verändern wird.

Der Autor entführt den Leser in ein finsteres Kapitel der englischen Geschichte, mitten hinein in das schwarze Herz Londons. Nicht nur der Serienmörder Jack the Ripper treibt sein Unwesen in den Elendsvierteln der Stadt, sondern auch andere bemitleidenswerte Geschöpfe suchen meist vergeblich nach einem Zuhause, einer Arbeit oder einfach nur Geld zum Leben. Alkohol, Prostitution, Raub und Mord sind an der Tagesordnung und die Schere zwischen Arm und Reich könnte nicht schlimmer sein. Hoffnungslosigkeit, wohin man auch blickt … und doch vermag es Tom Finnek durch authentische Schilderung der historischen Rahmenbedingungen zwei Protagonisten ins Feld zu schicken, die beide aus dem Rahmen fallen, die kämpfen statt verzweifeln, die wahrheitsliebend statt verlogen sind, die sich einfach auf die Suche machen, auf eine Suche zu sich selbst. Was sie finden ist ihre persönliche Freiheit und ein Ausweg aus der Misere.

Fazit: Ein fulminanter Historienschmöker, geprägt von einem mitreißenden Schreibstil, Liebe zum Detail und einer höchst interessanten Handlung. Ein Muss für jeden Leser, der gerne in eine Erzählung eintauchen möchte und sich nicht als bloßer Zuschauer versteht. Ich bin begeistert und vergebe volle Punktzahl.