Rezension

Ein ganz besonderes Leseerlebnis

Mexikoring
von Simone Buchholz

Bewertet mit 5 Sternen

INHALT
In Hamburg brennen die Autos. Jede Nacht, wahllos angezündet. Aber in dieser einen Nacht am Mexikoring, einem Bürohochhäuserghetto im Norden der Stadt, sitzt noch jemand in seinem Fiat, als der anfängt zu brennen: Nouri Saroukhan, der verlorene Sohn eines Clans aus Bremen. War er es leid, vor seiner Familie davonzulaufen? Hat die ihn in Brand setzen lassen? Und was ist da los, wenn die Gangsterkinder von der Weser neuerdings an der Alster sterben?
(Quelle: Klappentext Suhrkamp Nova)

MEINE MEINUNG
„Mexikoring“ von der deutschen Krimiautorin Simone Buchholz ist bereits der achte Band der in Hamburg angesiedelten Krimireihe, in der die in jeglicher Hinsicht außergewöhnliche und sehr unkonventionelle Staatsanwältin Chastity Riley ermittelt. Zum Verständnis dieses Bands sind jedoch Vorkenntnisse aus der vorherigen Reihe nicht notwendig und der Fall wird vollständig aufgeklärt. 
Schon der rätselhafte Einstieg mit einem knappen, umgangssprachlichen Dialog enthüllt den spannenden und zugleich beklemmenden Hintergrund des Falls - eine tragische Liebesgeschichte zwischen Nouri und Aliza, zwei Menschen, die nicht zusammen sein durften. 
Der neue Kriminalfall für die Staatsanwältin und ihr bunt gemischtes, skurilles Ermittlerteam kommt ziemlich spektakulär daher und hat viele Komponenten, die einen fesselnden Krimi ausmachen. Ein mysteriöser Auto-Brand am berühmt-berüchtigten Mexikoring in Hamburg, ein namentlich bekannter Schwerverletzter, der bald darauf seinen Verletzungen erliegt und abtrünniges Mitglied eines gefürchteten kurdisch-libanesischen Clans aus Bremen mit weitverzweigten Kontakten zur organisierten Kriminalität ist. Die Autorin bietet dem Leser mit ihrem komplexen Fall eine gut recherchierte, realitätsnahe Milieustudie zu den recht archaisch anmutenden Mhallamiye Familienclans und ihren Traditionen aus dem Nahen Osten. 
Wer hier jedoch einen Krimi nach dem üblichem Muster erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden, denn bei dieser ziemlich derben, kettenrauchenden Krimiheldin mit ihren Abstürzen muss man sich auf etwas völlig Neues einlassen. Die Autorin hat sich für ihre interessante Hauptfigur einen wirklich ungewöhnlichen Charakter mit vielen Ecken und Kanten einfallen lassen. Sie wirkt irgendwie gebrochen und verletzlich, hat offenbar mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen, gibt sich aber nach außen sehr taff und zynisch. Erzählt wird die Geschichte sehr plastisch aus ihrer Perspektive und mit ihrer drastischen, nüchternen Sichtweise bringt die Hauptfigur die Dinge sehr treffsicher auf den Punkt. 
Der fesselnde Schreibstil der Autorin ist unverwechselbar und einzigartig – kurz, knackig, derb und mit genialen, oft sehr poetischen Sprachbildern, die hervorragend die oft düstere, melancholische Stimmung einfangen. Dieser Schreibstil konnte mich sehr begeistern, denn er passt hervorragend zur Persönlichkeit der Hauptfigur, dem ganzen Milieu und macht das besondere Flair des Romans aus. Die atmosphärisch unglaublich dichten Beschreibungen lassen zudem sofort das Kopfkino anspringen. 
Auch wenn man über die Glaubwürdigkeit einer permanent vor Ort ermittelnden Staatsanwältin sicher streiten kann, für mich war dieser Kriminalroman ein ganz besonderes Leseerlebnis, das mich auf weitere Fälle mit Chastity Riley und ihrem eigenwilligen Team neugierig gemacht hat.
FAZIT 
Ein spannender, unterhaltsamer und sprachlich einzigartiger Krimi – für mich ein ganz besonderes Leseerlebnis!