Rezension

Ein ganz starker Auftakt der Hebammen-Saga

Aufbruch in ein neues Leben - Linda Winterberg

Aufbruch in ein neues Leben
von Linda Winterberg

Bewertet mit 5 Sternen

Der vorliegende Roman beginnt vor gut über einem Jahrhundert. Im Sommer 1917 verlässt Luise ihr Heimatdorf in Ostpreußen, um eine Ausbildung an der neuen Hebammenlehranstalt in Neukölln zu beginnen. Sie war als Waise bei der Großmutter aufgewachsen. Oma Else war die einzige Hebamme in der Umgebung. Und so war es nur natürlich, dass Luise mit den Gegebenheiten des Berufs vertraut wurde. Luise hatte lange nicht einsehen wollen, dass sie weg von daheim sollte. Doch die Großmutter setzte sich durch. Ohne eine Anerkennung würde sie, Luise, nicht praktizieren dürfen. Auf dem Weg zur Hebammenschule begegnet ihr Edith, die ebenfalls hier ihre Ausbildung anfangen will. Man sah ihr an, dass sie aus besserem Hause stammte. Ihre Eltern besaßen ein großes Kaufhaus. Aber Edith wollte ihren eigenen Weg gehen. Vor der Schule treffen sie auf eine junge Frau, die einen ziemlich verschüchterten Eindruck machte. Margot war unschlüssig, ob sie wirklich hierher gehörte. Doch sie besaß ein Schreiben, dass sie für die Ausbildung kein Geld bezahlen brauchte. Man hatte sich für sie beim Professor eingesetzt, dass dies auch Frauen ermöglicht werden sollte, die aus ärmeren Kreisen kamen. So finden sich drei junge Frauen, und darauf wird eine echte Freundschaft. Und das heißt gemeinsam durch dick und dünn.
Schon von Beginn an wird der Leser mitgenommen in eine Zeit, die sich so manch einer gar nicht vorstellen mag. Alles was man aus den Zeiten vor, während als auch nach dem Ersten Weltkrieg weiß, entnimmt man den Geschichtsbüchern. Umso erfreulicher ist es, wenn Autoren ein Thema wie dies hier aus der Zeit aufgreifen für einen Roman. Hier halt die Hebammenlehranstalt und Frauenklinik. Dass diese zum 1. Juli 1917, also im dritten Jahr des Ersten Weltkriegs eröffnet wird, mag ein Segen sein. Aber wiederum zeigen sich die schlimmen Auswirkungen des Krieges, hinzu kam die Hungersnot als auch die hohe Rate der Kindersterblichkeit. Unter welchen Bedingungen die arme Bevölkerung arbeitete und lebte, der mangelnden Ernährung und die Unsauberkeit, hier hat die Autorin herausragende Hintergrundrecherche betrieben und diese mit ihrer Handlung verwoben.
Bei ihren Beschreibungen konnte man sich direkt in die jeweiligen Situationen hineinversetzen. Die Charakteren und Nebenfiguren sind vielschichtig und lebendig gezeichnet. Sei es die  politische Situation als auch gesellschaftliche Strukturen, zu dem vor allem das Elend der Arbeiter gehörte, werden so dem Leser nahegebracht. Von den Familiengeschichten der drei Frauen ist es Margot, aus deren Leben viel offenbart wird. Was man dann auch rundum auslegen kann. Während Edith gegen den Widerstand ihrer Eltern ihre Ausbildung macht, kommen Luise ihre Kenntnisse aus dem Leben mit der Großmutter zugute. Bei allen ist zu spüren, sie lieben ihren Beruf.

"Aufbruch in ein neues Leben" ist ein lesenswerter historischer Roman, der mich vor allem durch die drei sympathischen Protagonistinnen als auch durch die Beschreibungen der damaligen Zeit überzeugen konnte. Es ist eins von diesen Büchern ☺, die man nicht weglegen man.  Absolute Leseempfehlung.