Rezension

Ein ganzes halbes Jahr von Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr
von Jojo Moyes

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:
Louisa ist mit wenig zufrieden und sie braucht nicht viel um glücklich zu sein. Sie lebt in einer Kleinstadt zusammen mit ihren Eltern und ihrer Schwester in einem Haus und arbeitet in einem kleinen Kaffee. Dass sie ihren langjährigen Freund nicht liebt, wird ihr mit jedem Tag klarer. Als sie ihren Job verliert fühlt sie sich machtlos, denn die Rezession hat die meisten Jobs in der Umgebung vernichtet. Dass sie aufgrund dieser Tatsache Will kennenlernen wird, und dass dieser ihr gesamtes Leben und ihre Sicht auf viele Dinge verändern wird, ahnt sie nicht.
Will selbst hat bei einem Unfall alles verloren, was das Leben für ihn lebenswert gemacht hat. Er weiß, dass er dieses aufgezwungene Leben nicht führen will. Und auch er weiß in diesem Moment noch nichts von Lou, die ihm zumindest sein Lachen zurückbringen wird. Zwei Welten die aufeinander prallen, unvorbereitet und schonungslos.

Meine Meinung:
„Ein ganzes halbes Jahr“ von Jojo Moyes lag doch schon sehr lange auf meinem Stapel mit ungelesenen Büchern. Ich habe mich einfach nicht ran gewagt und mich nicht getraut dieses Buch zu lesen. Es gibt kaum jemanden, der das Buch nicht kennt und oft habe ich von tränenreichen Lesemomenten gehört. Ich hatte wirklich Angst mich in dieses Buch einzufühlen und mein Herz zu riskieren. Wirklich bereit war ich nun immer noch nicht, aber ich wollte es endlich lesen. Was mich erwartete war gewaltig, gefühlsecht und tränenreich.

Als erstes möchte ich festhalten, dass es keine Liebesgeschichte im eigentlichen Sinne ist. Vielmehr ist es eine Ode an das Leben, welches es zu genießen gilt, so lange es eben geht. Es ist eine Erzählung über den freien Willen, über den Wert der Freundschaft und über so vieles mehr. Die Liebesgeschichte besteht für mich zwischen Lou und dem Leben, auch wenn die echte Liebe natürlich auch in diesem Buch eine Rolle spielt. Als ich mit dem Lesen begonnen habe, habe ich nicht mit dem gerechnet, was mich dann tatsächlich erwartet hat. Die Kombination und Gewichtung dieser vielen Themen ist auf einzigartige Weise gelungen und ich kann nur meinen imaginären Hut vor der Leistung von Jojo Moyes ziehen.

Lou und Will könnten unterschiedlicher nicht sein und ich frage mich immer noch, wie die Begegnung verlaufen wäre, hätten sich beide schon vor Wills Unfall getroffen. Beide habe ich von Beginn an ins Herz geschlossen, selbst Will, der oft mürrisch und zum Teil auch ungerecht ist. Lou ist bewundernswert. Wie sie an die Situation heran geht und mit Will umgeht, wie sie ihrer eigenen Familie beisteht und wie viel sie ihren Mitmenschen gibt... Will finde ich auf eine andere Art und Weise bewundernswert, die aber schwer zu beschreiben ist. Er findet sich mit seiner Art nicht ab und akzeptiert nicht, was das Leben mit ihm vorzuhaben scheint. Genau daran hält er fest, auch wenn dies für uns auf den ersten Blick unverständlich erscheinen mag.

Und genau dieser erste Blick ist es, den die Autorin Jojo Moyes gemeinsam mit dem Leser überwindet. Sie lockt einen beim Lesen aus der eigenen Komfortzone und lässt einen grübeln und nachdenken. Wills Beeinträchtigungen sind ziemlich genau beschrieben, was ziemlich schwere Kost ist. Aber diese muss auch schwer sein, um es dem Leser nahe zu bringen. Auch die Sichtweise von Wills und Lous Familie wird sehr deutlich dargestellt und ich glaube als Leser kann man sich zumindest teilweise gut hinein versetzen. Ich selbst sah das ganze Thema so, wie die Familien. Nach und nach konnte ich Wills Sichtweise auf das Leben verstehen und stand am Ende zwischen den Stühlen.
Das Thema, um welches es vorrangig geht, ist ein sehr sensibles. Die Autorin beleuchtet dies jedoch ganz fantastisch und hat das nötige Fingerspitzengefühl. Das Buch könnte nicht anders enden, auch wenn sich mit Sicherheit jeder heimlich etwas anderes gewünscht hat. Auch wenn das Ende in eine eindeutige Richtung geht, ist die Sichtweise von Jojo Moyes nicht Schwarz oder Weiß. Durch die Familie und vor allem durch Lou wird auch die andere Seite gezeigt und deutlich gemacht.

Das Buch brachte ein Auf und Ab der Gefühle mit sich und ich habe etliche Taschentücher benötigt, um meine Tränen zu trocknen. Es lässt mich etwas verzweifelt und auch nachdenklich zurück. Der Hype, welcher um das Buch gemacht wurde, ist durchaus berechtigt und ich kann eine klare Leseempfehlung raus geben.