Rezension

ein gelungener Abschluss

Requiem - Lauren Oliver

Requiem
von Lauren Oliver

Zitat:
Es gibt tausend Dinge, die ich ihm sagen möchte.
Bitte versteh mich. Bitte vergib mir.
Ich habe jeden Tag gebetet, dass du am Leben sein mögest, bis die Hoffnung zu schmerzhaft wurde.
Hass mich nicht.
Ich liebe dich noch immer.
Aber alles, was ich herausbringe, ist: „Ich kann nicht schlafen.“
(S. 29)

Inhalt:
Hana führt ein sorgloses Leben. Sie wurde dem zukünftigen Bürgermeister von Portland zugeteilt und soll in Kürze heiraten. Endlich würde sie bekommen, was sie verdient. Seit ihrer Heilung sieht sie alles so viel klarer, erkennt, was in ihr selbst steckt, wie hübsch sie ist. Doch lebt sie tatsächlich ein wahres Märchen?
Schleichen sich da etwa Gefühle in ihr Innerstes? Erinnerungen, die hätten ausradiert sein sollen? Konnte sie nicht geheilt werden?    

Meinung:
Nach dem Abschluss von „Pandemonium“ war ich natürlich sehr neugierig auf das Finale der „Amor-Trilogie“ und ich konnte es nicht lange im Regal stehen lassen.

Obwohl Lauren Oliver keine Zeit mit Rückblenden verschwendet, war ich schnell wieder Teil des Geschehens.
Lena ist erneut in der Wildnis. An ihrer Seite Julian und Alex. Die Spannungen in der Gruppe sind kaum auszuhalten, als eine Neue zu ihnen stößt: Coral, die sich schnell sehr gut mit Alex versteht.
Lena ist von ihren Gefühlen überrumpelt, doch Alex macht ihr unmissverständlich klar, dass seine Enttäuschung zu groß ist. Dass er Lena niemals geliebt hatte, was Lena direkt in die Arme von Julian treibt. Aber warum kann sie ihm nicht sagen, was sie für ihn empfindet? Etwas blockiert ihre Worte.

Lenas Perspektive war für mich – obgleich sie eigentlich die Hauptperson der Trilogie ist – lange Zeit sehr uninteressant. Mir war es bereits mit Band 2 und der „Damals“-Perspektive so ergangen. Das emotionale Hin und Her ihrer Ich-Perspektive ließ mich nun stets dem Kapitelende entgegensehen. Erst im zweiten Drittel nahmen die „Lena“-Kapitel langsam an Fahrt auf.

Ganz im Gegensatz zu Hanas Ich-Perspektive, die sich mit der von Lena abwechselt. Ich war begeistert, mehr von ihren Gedanken nach dem heilenden Eingriff zu erfahren. Die emotionale Sperre, die Distanz zu allem und der sehr interessante Sinn für Realität. Es war toll, ihre Entwicklung an der Seite des neuen Bürgermeisters zu verfolgen, ihre stete Angst und die Zweifel, dass die Heilung bei ihr nicht funktioniert hat.

Sie war für mich lange Zeit DIE Hauptperson von „Requiem“, war für dramatische Wendungen und entsetzliche Offenbarungen zuständig. Als die Handlungsstränge dann aufeinander zusteuerten, vermischte sich das Potential der beiden Charaktere.

In diesem Abschlussband der „Amor-Trilogie“ steht der Kampf, die Rebellion im Vordergrund, werden auf Lenas Seite jedoch von verschiedenen emotionalen Momenten verweichlicht. Die Autorin hat mich in diesen Kampf mit hineingerissen, ich wurde jedoch nie Teil davon. 
Erneut im Gegensatz zum Leben der „geheilten“ Hana. Mit ihr konnte ich fühlen, versuchte ich mich zusammenzureißen, korrekt zu handeln und mich zu benehmen. Ich konnte nur hoffen, dass Hana sich im Fall der Fälle richtig entscheidet.

Durch Hanas Perspektive gewann „Requiem“ schneller an Fahrt, als es die Erlebnisse von Lena alleinig geschafft hätten. Hana ist es zu verdanken, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und immer weiter und weiter lesen musste. Die Spannung stieg jedoch auch bei Lena - zunächst zögerlich, dann immer rasanter - an und steuerte auf das unvermeidliche Ende zu. 

Dieses Ende kam so abrupt, dass ich es kaum fassen konnte, was aber zum Großteil der direkt im Anschluss folgenden Kurzgeschichte „Alex“ geschuldet war. Somit wurde mir mein Ausklang aus der Amor-Trilogie, diese letzten Seiten, die ich noch vor mir zu haben gedacht hatte, genommen, was zunächst ein kleiner Schock war. 
Erst, als ich die letzten Seiten erneut gelesen habe, es in mich aufgenommen habe, konnte ich mich richtig verabschieden. Es ist kein Ende für jedermann, da sehr viel Raum für eigene Interpretation gelassen wurde. Es ist aber ein Ende, das zum Nachdenken auffordert. Nicht nur über das Buch selbst, sondern sein eigenes Leben. 

Urteil:
„Requiem“ war für mich ein gelungener Abschluss der „Amor-Trilogie“. Auch wenn ich mir etwas mehr von Lena erhofft hätte, konnte mich die Perspektive der „geheilten“ Hana wunderbar darüber hinwegtrösten. Das Ende vom Ende ist sehr offen gehalten, was aber durchaus zur Trilogie passt. Für mich war „Requiem“ alles in allem durchaus auf dem Niveau der Vorgänger und daher gibt es knappe 4 Bücher.

Wer Lena, Alex und Hana noch nicht kennt, sollte sich unbedingt „Delirium“ genauer anschauen. Es ist nach wie vor eines der Bücher, von denen ich den Anfang noch ganz genau in Erinnerung habe… „Es ist jetzt 64 Jahre her, dass der Präsident und das Konsortium die Liebe als Krankheit identifiziert haben…“

Die Serie:
1. Delirium
2. Pandemonium
3. Requiem

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