Rezension

Ein geniales futuristisches Szenario über die Entwicklung der KI

Der Würfel - Bijan Moini

Der Würfel
von Bijan Moini

Bewertet mit 4.5 Sternen

Mehrere Jahre in der Zukunft haben die Menschen die politische, wirtschaftliche und soziale Herrschaft an die Künstliche Intelligenz, der Würfel genannt, abgegeben, die fortan das Leben bestimmt und die Menschen mittels virtueller Interaktionen leitet und belohnt/entlohnt und maßgeblich über den sozialen Auf- oder Abstieg entscheidet. Alle Prozesse sind auf größtmögliche Effizienz,Wirksamkeit  und Optimierung ausgelegt und jedem stehen alle Möglichkeiten offen, solange man für das System ist. Obwohl die meisten Menschen sich fügsam zeigen und sich in das System eingliedern, ist den Widerständlern die KI ein Dorn im Auge. So auch Taso, der zwischen beiden Seiten steht, bis er sich gezwungen sieht, sich endlich zu entscheiden, denn eine Revolution nähert sich, die alles verändern soll.

Bereits die ersten Seiten haben mich total gefesselt und geflasht, sodass ich vollkommen und restlos begeistern von diesem total originellen System war und sich mir endlose Möglichkeiten eröffneten, die es so nicht gibt. Das System und die Reichweite und Aufgabe der KI ist sowohl erschreckend und unheimlich, wie auch faszinierend und unglaublich detailliert und schlüssig beschrieben, auch wenn es etwas Zeit benötigt sich in dieser neuartigen Welt einigermaßen zurechtzufinden. Man bemerkt sofort mit welcher Genauigkeit und Detailverliebtheit der Autor diese neue Welt geschaffen hat und wie viele Gedanken und Bemühungen dahinter stecken, damit es möglich authentisch futuristisch erscheint. Das hat mich absolut für sich eingenommen und überzeugt. Einfach fantastisch!

Im Vergleich zu anderen dystopischen Szenarien, sofern dies als Dystopie betrachtet werden kann, wird das System bzw. die KI umfassend beschrieben, sodass ich es rasch durchdringen konnte, und von verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Es gibt nicht nur die Protagonisten in der Geschichte, die entweder dafür oder dagegen sind, sondern mehrere Sichtweisen mit ihren Argumenten werden umfangreich beschrieben und bieten einen großen Überblick über die Diskussion um die KI, sodass sich jeder Leser/jede Leserin seine/ihre eigene Meinung bilden kann. Dabei wird so gering wertend wie möglich vorgegangen. Vielmehr wird versucht, die Sichtweisen zwar individuell darzustellen, allerdings ohne dass der Autor selbst seine Meinung unterschwellig einfließen lässt. bzw. nur in sehr geringem Maße. Das schafft eine Komplexität und Eigendynamik, die jedem sein eigenes Urteil ermöglicht und dadurch macht es unglaublich viel Freude das Buch zu lesen.

Taso als Protagonist war mir sympathisch, auch wenn ich enttäuscht war als er seine Ideale in gewisser Weise verrät und dadurch sehr leicht beeinflussbar und wankelmütig in seinen Ansichten ist, was ich etwas Unrealistisch fand. Dabei ist sein größtes Problem doch dieses Schwanken zwischen der einen Seite und der anderen, dass ihn immer weiter runterzieht und die Freude am Leben nimmt. Dennoch konnte ich seine innere Zerrissenheit gut nachvollziehen.

Insgesamt wirft die Geschichte mehrere moralische Fragen auf, die wohl jeder für sich beantworten muss, die zum Nachdenken anregen, auch über die Entwicklung der Technologie und inwiefern jeder Einzelne bereit wäre sich dieser zu unterwerfen, wie es teilweise schon geschehen sein mag.

Das Ende hat für mich nochmal alles rausgerissen und war einfach wie das Platzen einer unerwarteten Überraschung und ich war total beeindruckt und wurde einfach umgehauen, WOW! Ein besseres und befriedigendes Ende, hätte es für mich nicht geben können.

 

Ein tiefgründiges, vielschichtiges, komplexes Buch, welches ein Szenario schildert, das einerseits viele neue und erweiternde Möglichkeiten schafft, andererseits den Menschen als Geisel der Technologie darstellt.