Rezension

Ein Genießer und ein Grantler gleichermaßen

Bretonische Verhältnisse - Jean-Luc Bannalec

Bretonische Verhältnisse
von Jean-Luc Bannalec

Bannalec führt einen neuen Ermittler auf der Krimi-Bühne ein, der mindestens ebenso sympathisch wie eigenwillig ist.
Aus Paris „strafversetzt“ in die Bretagne, weil er wie so oft seinen Mund nicht halten konnte, wenn ihm etwas oder jemand gehörig gegen den Strich geht. Da stört es ihn dann auch wenig, wenn es sich diesem Jemand um den damaligen Bürgermeister und späteren Staatspräsidenten handelt.

Kommissar Dupin ermittelt in einen Mordfall an einem 91jährigen Hotel- und Restaurantbesitzer, der an einem heißen Sommermorgen in der Bar seines Hotels erstochen aufgefunden wird. Ein Motiv und auch ein Tatverdächtiger sind zunächst nicht in Sicht, aber mit seiner eigenwilligen Art, die Ermittlungen zu führen, braucht der Kommissar nur ganze vier Tage, um diesen Fall zu lösen.

In seinen Befragungen beschäftigt sich Dupin zunächst mit dem Alltag und dem direkten Umfeld des Opfers. Pierre-Louis Pennec war nicht nur der Besitzer des legendären Hotels Central, sondern auch Kunstmäzen in großem Ausmaß. Gegründet wurde das Hotel Ende des 19. Jahrhunderts von der Großmutter des heutigen Opfers und es beherbergte damals neben vielen anderen großen und kleineren Künstler auch Gauguin, eines seiner Kunstwerke wird im Verlaufe der Handlung noch eine Rolle spielen. Auf die damals entstandene Malerkolonie ist der Ort Pont Aven noch heute stolz, man weiß diese Tatsache auch touristisch zu vermarkten.
So ist es keine Besonderheit, dass die Wände im Restaurant und in der Bar des Hotels mit Bildern voll gehängt sind, allesamt erstklassige Kopien, so erfahren Dupin und seine beiden Kollegen. Die Originale finden sich in Museen, bei Sammlern, in Privathäusern.
Erste Hinweise bekommt der Kommissar nach Gesprächen mit dem Hausarzt des Verstorbenen und mit der Notarin, die vor vielen Jahren nicht nur das Testament aufgesetzt hat, sondern bei der Pennec unmittelbar vor seinem Ableben eine Veränderung seiner testamentarischen Verfügungen angekündigt hat. Ob es zu dieser Testamentsänderung noch gekommen ist, wissen weder der Sohn und dessen Ehefrau, die sich schon als Hotelbesitzer wähnen noch einige andere Beteiligte, die zu dem Verstorbenen in ganz besonderen Beziehungen standen. Hierzu zählen ein windiger Halbbruder, schon vor Jahrzehnten vollständig von einer Erbschaft ausgeschlossen wurde wie auch eine völlig entsetzte ebenfalls betagte Hausdame, die vielleicht doch mehr als nur eine Angestellte war. Ferner zählt noch der örtliche Museumsleiter zu den Gesprächspartnern Dupins, ein Mensch, der vor allem sich selbst ständig überschätzt.
Sie alle wissen mehr, als sie sagen und was ihm verschwiegen wird, das will Dupin herausfinden, denn dass hier der Schlüssel zum Geschehen verborgen ist, das liegt für die Polizisten schon sehr bald auf der Hand.
„Bretonische Verhältnisse“ ist ein Krimi, der viele Facetten aufweist und diese auf eine geschickte Art und Weise verbindet: Ein spannender Mordfall, eine interessante Handlung, die die Zeit und Künstlerwelt um Gauguin thematisiert, eine Landschaft, die zu bereisen der Roman Lust macht und nicht zuletzt knorrige und spannende Charaktere. Und dem Autor ist es gelungen, dies alles auch noch sehr spannend zu erzählen. Mir haben die“ bretonischen Verhältnisse“ sehr gut gefallen, ich könnte mir vorstellen, einen weiteren Fall Kommissar Dupins zu lesen.