Rezension

Ein Gentleman in Moskau

Ein Gentleman in Moskau - Amor Towles

Ein Gentleman in Moskau
von Amor Towles

Bewertet mit 4 Sternen

Moskau, 1922. Der genussfreudige Lebemann Graf Rostov wird verhaftet und zu lebenslangem Hausarrest verurteilt, ausgerechnet im Hotel Metropol, dem ersten Haus am Platz. Er muss alle bisher genossenen Privilegien aufgeben und eine Arbeit als Hilfskellner annehmen. Rostov mit seinen 30 Jahren ist ein äußerst liebenswürdiger, immer optimistischer Gentleman. Trotz seiner eingeschränkten Umstände lebt er ganz seine Überzeugung, dass selbst kleine gute Taten einer chaotischen Welt Sinn verleihen. Aber ihm bleibt nur der Blick aus dem Fenster, während draußen Russland stürmische Dekaden durchlebt. Seine Stunde kommt, als eine alte Freundin ihm ihre kleine Tochter anvertraut. Das Kind ändert Rostovs Leben von Grund auf. Für das Mädchen und sein Leben wächst der Graf über sich hinaus. 

‚Ein Gentleman in Moskau‘ ist mein erster Roman des Autors Amor Towles, wird jedoch nicht mein letzter bleiben.
Der Schreibstil ist gut zu lesen, er ist angenehm und zurückhaltend, sehr ruhig und plätschert teilweise vor sich hin. Mich konnte der Schreibstil für sich einnehmen.
Die Charakterdarstellungen sind ebenso zurückhaltend wie der Schreibstil. Die Beschreibungen der Personen sind tatsächlich auf das Wesentliche begrenzt, als Leser erfährt man bei den meisten Charakteren nur das, was notwendig ist. Ich konnte mir von jeder Person ein gutes Bild machen, hätte mir jedoch stellenweise facettenreichere Personen in der Handlung gewünscht. Graf Rostov war in meinen Augen ein eher vager Protagonist, obwohl er solide charakterisiert wurde und authentisch wirkte. Für mich war er jedoch relativ vorhersehbar, was natürlich auch seinen eher vorhersehbaren Lebensumständen geschuldet sein kann. Nichtsdestotrotz habe ich ihn mit seiner flapsigen Art ins Herz gschlossen.
Die Szenerie des Grafen unter Hausarrest empfinde ich als eine schöne Grundlage für den Roman, daraus können sich interessante Gegebenheiten und Ereignisse gestalten. Im gegebenen Fall war das nur selten so. Die Handlung plätscherte meist vor sich hin, war ruhig, unaufgeregt und meist vorhersehbar. Dennoch habe ich mich in der Handlung größtenteils wohlgefühlt. Die Monotonie, die trotz kleinerer oder größerer Unterbrechungen herrschte, hat für mich die Situation des Grafen gut repräsentiert. Eine Sache, die mich beim Lesen etwas durcheinandergebracht hat, war der für mich undurchschaubare zeitliche Ablauf. Einige Kapitel waren mit einer Jahreszahl versehen – daraus habe ich gefolgert, dass wir uns in eben diesem Jahr befinden. An anderen Stellen gab es jedoch Zeitsprünge, die nicht durch eine entsprechende Jahreszahl markiert wurden. So bin ich durch diese zeitlichen Sprünge etwas ins Schleudern geraten.
Insgesamt war ich mit der Lektüre des Buches durchaus zufrieden, es hat zum größten Teil meinen Erwartungen entsprochen. Der Graf war ein interessanter Protagonist, dem ich gern durch sein Leben im Metropol gefolgt bin.