Rezension

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Ein grandioses Buch... das ich nicht wirklich immer mag.

Zwei an einem Tag
von David Nicholls

„Hervorragend – und destruktiv und wunderbar leicht und eingängig, ja ‚leichtlebig‘ geschrieben – und ärgerlich - und lehrreich und interessant und mit einer tollen Form und sehr alltäglichem Inhalt vom Versuchen und Scheitern in all seinen Facetten. Von Möglichkeiten und Chancen, davon, wie das Leben sich immer wieder komplett auf den Kopf stellen kann… und wie man nach vielen Fehlern doch Dinge richtig machen kann und auch davon, dass das nicht immer etwas bringt. Ein…wirklich grandioses Buch, das ich aber nicht immer mag. Trotzdem eines meiner Lieblingsbücher. Eines, an dem man sich stößt.“

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Handlung:

Dexter Mayhew und Emma Morley - die Hauptcharaktere im Buch - verbringen eine gemeinsame Nacht in Edinburgh - nach ihrem College-Abschluss. Die Nacht des 15. Julis 1988. Sie plaudern über ihre Zukunft, machen wage Pläne (nicht miteinander, sie kennen sich da noch kaum) und schließen 'irgendwie' in dieser Nacht Freundschaft - die weitere 16 Jahre lang hält. 16 Jahre in denen sie sich... ab und an begegnen, öfter schreiben oder telefonieren, insgesamt nicht viel miteinander zu tun haben - aber sich auch niemals ganz vergessen. Ihr Leben verläuft sehr sehr unterschiedlich - und auch oftmals unerwartet - da ich aber nicht zu viel verraten möchtet, rate ich dazu: Lest es einfach selbst. Ich verspreche: Es ist nicht langweilig (es sei denn, man kann sich mit abwechslungsreicher Lebensproblematik nicht gut anfreunden) - vielleicht gibt euch ja die Kritik mehr Aufschluss darüber, ob ihr es versuchen möchtet. ^^

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Ich über das Buch:

Das Buch wurde mir von einer Freundin empfohlen - und als ich es gelesen hatte, wusste ich auch ganz genau, warum. Es erzählt nämlich nicht nur, wie Britta Jansen von der Berliner Literaturkritik schreibt "über das Leben als Reihe verpasster Chancen" (Quelle: http://www.berlinerliteraturkritik.de/detailseite/artikel/eine-reihe-ver... ), sondern es zeigt auch die Möglichkeiten auf, die man hat - oder die man gerne hätte. Es erzählt von Wünschen und Träumen, die vielleicht hier und da etwas hoch gegriffen sind, aber auch und insbesondere deshalb nicht in Erfüllung gehen, weil man es nicht drängend genug versucht. Die Reisen der beiden Hauptcharaktere und ihre Optionen und Wohnorte, die Atmosphäre und das unterschiedliche Flair, in dem sie sich im Verlauf des Buches wiederfinden, sind ebenso anziehend, wie der ganze, lockere, sympathische Schreibstil, der problemlos dafür sorgt, dass man selbst den nicht immer sympathischen Dexter letzten Endes gut leiden kann.

Kritikpunkte hab ich zwar auch... aber diese machen das Buch 'an sich' nicht schlechter - sondern sorgen nur dafür, dass ich es nicht sofort ein zweites Mal lesen wollen würde: Letzten Endes erscheint es mir sehr destruktiv. Eine Erzählung von zwei facettenreichen Charakteren, die man wirklich hier und da lieb gewinnt - denen man andererseits aber auch 'den Kopf abreissen' möchte, weil sie sich wichtige Chancen entgehen lassen und nahezu prinzipiell falsch entscheiden - und letzten Endes... na ja, seht selbst. Es sei nicht zu viel verraten zu sagen, dass die Geschichte kein 'happy end' nimmt.

Insgesamt ist es doch ein zu gutes Buch, als dass ich das genaue Ende verraten wollte, auch wenn der Schreibstil meiner Meinung nach auch nach einem Spoiler noch lohnt... - nur so viel: Ich liebe Bücher, aus deren Lektüre man mit einem guten Gefühl hervor geht. Selbst traurige Enden können irgendetwas Hoffnungsvolles und Positives haben - bei "Zwei an einem Tag" bleibt aber insgesamt der Eindruck verpasster Chancen bestehen, der sich das ganze Buch über hält. Es ist ein schönes Buch, wirklich wirklich gut... aber man darf es sich nicht zum Lebensmotto nehmen - oder den Hauptcharakteren nacheifern, auch wenn ihre wechselhaften Möglichkeiten begeistern. Oder zumindest muss man 'an irgendeinem Punkt' dann mal alles richtig machen.
Es ist so schön, weil es uns zeigt, dass das Leben tausend Chancen bietet und immer wieder umschwenken kann. Gerade in der heutigen Zeit, in der wir zunehmend 'flexibel' unseren Beruf ergreifen und mitunter wechseln und ändern, ist es in seinen zahlreichen Chancen zugleich ein realistisches Buch geblieben. Es erinnert uns daran, dass wir jeden Tag etwas Neues aus unserem Leben machen können.

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Zum Stil: Es wird immer ein Tag in jedem Jahr, der 15. Juli erzählt... was zwischendurch bei Dexter und Emma passiert ist, erfährt man nebenher im Kapitel - und die Perspektive wechselt zwischen den beiden Hauptcharakteren hin und her. Das ist recht interessant - trägt natürlich auch stark dazu bei, dass der Autor die Möglichkeit hat 'Fehler' der Charaktere nicht auszuschreiben, sondern später zu erwähnen und zu erklären, wie sie in die Situation geraten sind, in der man sie wiederfindet. Das ist spannend - wenn auch etwas deprimierend, wenn man erfährt, welche Chancen sie jeweils verpasst haben.

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Wertung:

Von mir gibts dennoch fünf von bei mir fünf möglichen Sternen - denn trotz des fehlenden positiven Gefühl nach der Lektüre, ist und bleibt 'Zwei an einem Tag" eines meiner Lieblingsbücher.

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