Rezension

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Ein großartiger Roman, speziell und einfach grandios!

Über uns der Himmel, unter uns das Meer
von Jojo Moyes

Bewertet mit 5 Sternen

Über das Meer zu dir Australien 1946. Sechshundert Frauen machen sich auf eine Reise ins Ungewisse. Ein Flugzeugträger soll sie nach England bringen, dort erwartet die Frauen ihre Zukunft: ihre Verlobten, ihre Ehemänner – englische Soldaten, mit denen sie oft nur wenige Tage verbracht hatten, bevor der Krieg sie wieder trennte. Unter den Frauen ist auch die Krankenschwester Frances. Während die anderen zu Schicksalsgenossinnen werden, ihre Hoffnungen und Ängste miteinander teilen, bleibt sie verschlossen. Nur in Marinesoldat Henry Nicol, der jede Nacht vor ihrer Kabine Wache steht und wie sie Schreckliches erlebt hat im Krieg, findet sie einen Vertrauten. Eines Tages jedoch holt Frances ausgerechnet der Teil ihrer Vergangenheit ein, vor dem sie ans andere Ende der Welt fliehen wollte …

Achtung - Zitat Textende

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Indien - im Jahr 2002: 
Mit ihrer Großmutter ist Jennifer nun fast am Ende ihrer Reise, als sie Stopp in Alang, dem größten Schriffsverschrottungshafen der Welt, machen. Normalerweise ist der Zutritt verboten, doch darauf nimmt Jennifer keine Rücksicht. Keine Touristenattraktion, Jennifers Neugier treibt sie auf den Platz. Als die Enkelin nach einer Zeit nicht zurückkommt, macht sich die alte Dame auf den Weg und stößt dabei auf ein halb zerlegtes Schiff, welches vom Farbanstrich auf ein britisches Kriegsschiff hinweist. Nach einiger Zeit kann sie die Reste des Namens am Schiffsrumpf erkennen …
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Australien 1946:
Der Krieg ist vorbei und der britische Flugzeugträger "Victorious", mit über sechshundert australischen Frauen an Bord, macht sich auf die Reise nach England. Die Frauen sind alle mit britischen Soldaten verheiratet. Hintergrund zu diesem Buch ist die Geschichte von Betty McKee, die  damals genau solch Reise unternahm. Der Mut und die Zuversicht der Frauen spiegeln sich in einzelnen Schicksalen wieder.

Jojo Moyes stützt sich auf unveröffentlichte Tagebücher aus jener Zeit. Sie hat einen kleinen Personenkreis zum Leben erweckt, Margaret, Jean, Avice und Frances, vier von vielen hunderte von Frauen, die uns an ihrem Schritt ins neue Leben teilhaben lassen. Im Vordergrund die Hauptcharaktere Frances Mackenzie. Doch nie kam in der ganzen Handlung diese Protagonistin zu sehr in den Vordergrund, eine großartig, authentisch geschilderte Frau, dessen Schicksal, ihre Vergangenheit erst ziemlich spät in der Handlung offen gelegt wird.
Die gesamte Handlung entwickelt einen Sog und fesselt den leser an die Zeilen. Doch es sind auch die leisen Tönen, mit denen  Jojo Moyes eindrucksvoll das Schicksal der Frauen, wie auch einzelnen Besatzungsmitlieder einschließlich eines bemerkenswerten Kapitäns, beschreibt. Es sind ihre Träume und Hoffnungen, die Ungewißheit, willkommen zu sein in dem fremden Land, den fremden Menschen. Nur vereinzelt erhalten sie Briefe an Bord von ihrem Liebsten oder Familien. Es mögen sich Schicksale ähneln, doch jede der Frauen hat ihre eigene Geschichte erlebt.

Wo fange ich an, wo höre ich auch? Diese Frage habe ich mir beim Schreiben für diese Buchbewertung gestellt. Gebe ich detailliert die Handlung wieder, beschreibe die einzelnen Charaktere detailliert, das Buchcover, den Schreibstil? Wer sich für die Art Lektüre interessiert, braucht es nicht. Das Buch, die Geschichte spricht für sich. Es gehört zu einem Stück Zeitgeschichte, welche wir niemals vergessen sollten.

Und als der Morgen anbrach und die fast nackten Körper mit seinem blauen Licht berührte, wachten ein paar der Mädchen auf, wickelten sich fester in ihre Decken und beobachteten stumm, wie leise, eins nach dem anderen, die Flugzeuge von jeweils zwei Maschinisten zum Rande des Schiffes gerollt wurden. ... sahen die Flugzeuge zum letzten Mal den Himmel, mit emporgeklappten Flügeln, einige noch voller Dellen und rußiger Flecken von ihren Siegen in der Luft. Sie trafen überraschend leise auf der Wasseroberfläche auf, dann glitten sie hinunter, bewegten sich mit der Strömung des Indischen Ozeans, tiefer und immer tiefer, bis sie schließlich sanft irgendwo auf dem Meeresgrund landete. ←
Zitat S. 272

"Über uns der Himmel, unter uns das Meer", hat mich, nicht nur durch die Art und Weise wie Jojo Moyes es geschrieben hat, berührt, auch in Hinblick auf authentische Vergangenheit zurückgreift und somit zu etwas ganz Besonderem macht.
Ein großartiger Roman, der auf wahre Begebenheiten beruht
Ein Roman, der sich zu lesen lohnt!