Rezension

Ein großartiges Erstlingswerk

Diese Dinge geschehen nicht einfach so - Taiye Selasi

Diese Dinge geschehen nicht einfach so
von Taiye Selasi

Bewertet mit 5 Sternen

Taiye Selasi: Diese Dinge geschehen nicht einfach so

 

„Afropolitan“, ist ein Begriff, den Taiye Selasi selbst vor einigen Jahren geprägt hat. Übersetzt meint das einen Weltbürger mit afrikanischen Wurzeln. Sie bezeichnet damit eine Generation junger Menschen, deren Eltern in den 1970er Jahren die desolate Wirklichkeit ihrer afrikanischen Heimatländer verlassen haben, um in den USA oder Westeuropa zu studieren. Aufgewachsen in der westlichen Welt, haben sie doch von ihren Eltern afrikanische Traditionen erfahren. So leben sie zwischen den Kulturen, sind auf der ganzen Welt zuhause und doch ein stückweit heimatlos. Auch Selasi gehört zu dieser Generation. Sie ist aufgewachsen in London, hat in Großbritannien und den USA studiert und lebt nun in Rom, New York und New Delhi. Es ist deshalb nur naheliegend, dass sie das zum Thema macht, in ihrem eindrucksvollen Debütroman, der die Geschichte der Familie Sai erzählt.

Worum geht es?
Die Eltern Sai, Folasadé und Kwaku, wachsen in Afrika auf, sie in Nigeria, er in Ghana. Stipendien ermöglichen ihnen ein Studium in den USA, wo sie sich kennenlernen und eine Familie gründen. Während sie ihr Jura-Studium abbricht, um für die vier Kinder da zu sein, macht er Karriere als Chirurg. Den Kindern, allesamt ausgesprochen begabt, scheint eine sorglos-glückliche Zukunft sicher. Der wahr gewordene amerikanische Traum, könnte man meinen. Doch ein Bruch im Leben des Vaters zerreißt die Familie und plötzlich liegen Kontinente zwischen ihnen. Es braucht viel Zeit bis sie bemerken, wie wichtig für ihr Leben die anderen sind und wie viel Halt Familie geben kann.

Es sind vor allem zwei Dinge, die mich an Taiye Selasis Roman faszinieren:
So beschreibt sie auf eine eindringliche und sehr persönliche Weise, was das Leben in einer globalisierten Welt für einzelne Menschen und für Familien bedeuten kann. Welche Chancen sich ergeben, aber auch welche Verluste damit verbunden sind. Wenn die Familie Sai bei der Beerdigung des Vaters schließlich wieder zusammen findet, wird klar, wie wichtig die persönliche Verbundenheit und der Zusammenhalt in der Familie sind, gerade über weite Entfernungen hinweg.

Was den Roman aber wirklich zu etwas Besonderem macht ist die ganz eigene, fast schon musikalische Sprache Selasis, die sich sehr angenehm lesen lässt und mit der sie Bilder im Kopf des Lesers malt. So meint man, die triste, graue New Yorker Wohnung ebenso vor Augen zu haben wie die warme Schönheit von Kwakus neuem Haus in Ghana.

Ein großartiges Erstlingswerk also, das vor allem Leser von Toni Morrison und Salman Rushdie ansprechen dürfte. Geschrieben von einer Autorin, von der man in Zukunft hoffentlich noch mehr wird lesen können.

Originaltitel: Ghana Must Go
Übersetzerin: Adelheid Zöfel