Rezension

Ein großartiges Werk! Inhaltsreich, klar, schonungslos. Unbedingt lesen!

Das chinesische Jahrhundert - Wolfram Elsner

Das chinesische Jahrhundert
von Wolfram Elsner

Bewertet mit 5 Sternen

Hier geht es nicht nur um China. Es geht auch um Deutschland, Europa und USA, denn Wolfram Elsner vergleicht die Lage in heutigem China, wirtschaftspolitisch, soziologisch und noch von einigen anderen Standpunkten gesehen, mit dem, was in Deutschland und im „Westen“ insg. geschieht, sei es die marode Infrastruktur hierzulande, die missliche Lage, was Investitionen in zukunftsträchtige Projekte angeht uvm. Solche Gegenüberstellungen kommen recht oft vor. Und Deutschland, samt USA, stehen nicht so toll da, milde gesagt.

Welch scharfe, schonungslose und zutreffende Beschreibung des heutigen Gesellschaftssystems und der wirtschaftspolitischen Lage hüben wie drüben! Dazu noch so knapp und griffig formuliert! Wirkt so erfrischend. Hier wird so deutlich die Stellung bezogen und die Dinge beim Namen genannt. Sehr wohltuend, nach dem üblichen Brackwasser der „Leitmedien“.

Mag sein, dass dieses Buch so manchem, von „Qualitätsmedien“ erzogenen Leser, wie eine Provokation vorkommt. Diese ist aber echt bitter nötig, just so wie Foker Hellmeyer, ehem. Chefökonom der Bremer Landesbank, im Vorwort schreibt.

Kurze Info zum Autor: „Wolfram Elsner, geb. 1950, war Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Bremen und Leiter des Bremer Landesinstituts für Wirtschaftsforschung… “, so Klappentext.

Ein gutes Buch ist gut auf jeder Seite. Und hier trifft es voll und ganz zu.

Es gibt viele Highlights. Die typischen Denkfallen, die Schubladen, in die man hierzulande gewohnt ist, alles, was mit China zu tun hat, zu stecken, sind schon am Anfang klar definiert und beschrieben worden. Herrlich. Treffend, was Elsner zu so manchem Werk über China schreibt, das in letzter Zeit in DE erschienen ist, es gibt eine kurze Review, u.a. geht es um „China First“ von Theo Sommer und „Die Neuerfindung der Diktatur“ von Kai Strittmatter. Habe mich köstlich amüsiert.

Sehr spannende und aufschlussreiche Inhalte findet man im Teil II, z.B. über Chinas Fünfjahrespläne und wie und wofür sie genützt werden; über Wirtschaft, Geld, Finanzen, hier stehen die Ausführungen und Einschätzungen Elsners im Kontrast zur Meinung Dirk Müllers über Chinas Finanzsektor und die entspr. zukünftige Entwicklungen in seinem „Machtbeben“. Zur Technologie und Innovation in China findet man hier auch paar klare Worte und einleuchtende Beispiele. Wer mehr zu diesem Thema erfahren möchte, liest „Shenzhen“ von Wolfgang Hirn. Ebenfalls ein sehr lesenswertes Buch, auch von dem her, dass er keine Hetze gegen China betreibt.

Elsner geht hier auf die Vorurteile ein, die China ggü. hierzulande üblich sind, und entkräftet diese mit klaren, mitunter schonungslosen Ausführungen und Beispielen. Die Kapitelüberschriften spiegeln die Inhalte sehr treffend wider. Man bekommt aber viel mehr an Substanz als sie erahnen lassen.

Teil III ist auch große Klasse. Sehr gute Fragen wurden hier gestellt, s. z.B. S. 313-314, gerade was Meinungsfreiheit, Demokratie usw. im Westen und in China angeht. Das Ganze wird mit einem wunderbaren letzten Absatz gekrönt. Wahre Worte.

Man kann seitenlang über dieses Werk referieren. Aber das Nacherzählen ist nie so gut wie die eigentliche Quelle.

Tun Sie sich den Gefallen: Lesen Sie dieses Buch. Es lohnt sich. Wirklich.

Es bietet viel Diskussionsstoff. Es hat definitiv Zeug zum Augenöffner. Zudem ist es sehr zugänglich und mit einer guten Prise Humor geschrieben, es lässt sich insg. wunderbar lesen.

Die Quellen und Anmerkungen, die manchmal recht ausführlich ausfallen, findet man hinten im Buch, nach Literaturabteilung, die viele gute Lesetipps enthält.

Auch hier sieht man diese Hingabe, das Können, die Meisterschaft, die sich in diesem Werk in ein schlichtes, aber auch raffiniertes Gewand hüllt. So etwas Gutes gibt es selten.

Fazit: Großartiges, aufschlussreiches Werk! Unbedingte Lesepflicht!