Rezension

Ein großer Roman über die Liebe

Die einzige Geschichte - Julian Barnes

Die einzige Geschichte
von Julian Barnes

Bewertet mit 4 Sternen

Der 19jährige Paul verbringt seine ersten Semesterferien bei seinen Eltern in der kleinbürgerlichen Vorstadt und meldet sich auf Anraten seiner Mutter im örtlichen Tennisclub an, um der Langeweile entgegenzuwirken. Bei einem Tennisturnier wird ihm für das Mixed Susan MacLeod zugelost, eine 48jährige verheiratete Hausfrau mit zwei Töchtern.  Aus diesem zufälligen Aufeinandertreffen entwickelt sich bald mehr: Paul geht im Hause MacLeod ein und aus, lernt Susans Ehemann Gordon kennen, einen aufbrausenden gewaltbereiten Trinker, und schläft heimlich mit Susan. Beide ignorieren die fast 30 Jahre Altersunterschied, die zwischen ihnen liegen und lachen über die Konventionen, was zu einigem Gegenwind führt. Schließlich verlässt Susan ihr Zuhause und zieht mit Paul zusammen in ein heruntergekommenes Haus nach London. Während Paul sich seinem Jurastudium widmet und schließlich erfolgreich als Anwalt tätig ist, verfällt Susan völlig dem Alkohol, leidet unter Wahnvorstellungen und Demenz. Paul versucht verzweifelt, Susan und ihre Liebe zu retten, doch er scheitert - doch diese erste große Liebe hat Einfluss auf sein ganzes weiteres Leben.

Julian Barnes ist ein tief berührender Roman in drei Teilen über die Liebe gelungen, der den Leser absolut in seinen Bann zieht und zu großen Gefühlen führt. Neben der großen, der einzigen Liebe
widmet sich der Autor hier auch umfassend den Themen Alkoholismus, Co-Abhängigkeit, Gewalt und Verantwortung. Dabei erzählt er nicht nur eine Geschichte - aus verschiedenen Erzählperspektiven -, sondern schwelgt in philosophischen Betrachtungen über die Liebe, die leider teilweise etwas langatmig geraten und manchmal auch ins Leere gehen. Der Leser wird jedoch immer wieder mitgenommen und auch direkt angesprochen, sich eigene Gedanken über die angesprochenen Fragestellungen zu machen, so dass die Lektüre dieses Buches eine überaus spannende Reise für mich war.

Trotz der schwierigen Themen gelang es Barnes, mich absolut mitzunehmen und mich stark zu berühren in einer vollen Bandbreite der Emotionen von glücklicher strahlenden Liebe  über Pflichtgefühle bis hin zu Resignation und Melancholie und schließlich GLeichgültigkeit. Die fesselnde Erzählweise ließ mich das Buch kaum aus der Hand legen und Barnes glänzt mit sprachlicher Kompetenz, großem Wissen und feiner Ironie bzw. typisch britischem Humor.

Ein großartiges Buch eines wichtigen zeitgenössischen Autors, das absolut lesenswert ist. Einen Punkt Abzug gebe ich allerdings für den zu sehr abschweifenden dritten Teil des Romans.