Rezension

Ein Held wird geboren

Der Name des Windes - Patrick Rothfuss

Der Name des Windes
von Patrick Rothfuss

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Name des Windes wurde bereits oft als DAS Debüt betitelt, ebenso wie DAS Fantasy-Highlight 2008. Dementsprechend musste ich das Buch nun auch endlich lesen. Ich erwartete dementsprechend High-Fantasy vom Feinsten und darunter verstehe ich, gut ausgearbeitete Charaktere, eine tiefgründige, atmosphärische Erzählung, Magie und einen guten, geladenen Spannungsbogen.
Der Aufbau des Buches hat mich sofort sehr angesprochen: Der Wirt steht im Fokus, doch noch ist kein Plot in Sicht. Eine weitere Figur, der Chronist, taucht auf und wird vom Wirt vor mysteriösen Wesen gerettet. Diese Szene offenbart, dass mehr hinter der Fassadedes Wirts eines ordinären, ländlichen und nicht sonderlich gut frequentierten Wirtshauses steckt. Offensichtlich ist er der sagenumwobene Held Kvothe. Sie treffen Absprachen und Kvothe ist bereit seine Lebensgeschichte zu erzählen, wenn der Chronist diese wortgetreu aufschreiben kann – dafür bräuchte er drei Tage. Die Geschichte, die er am ersten Tag erzählt kann man nun in Der Name des Windes nachlesen. Daraus ergibt sich auch der Untertitel: Die Königsmörder-Chronik Erster Tag und es ist klar, in welcher Form es weiter gehen wird, wobei der Teil mit dem Königsmörder noch unklar bleibt. Zwischendurch springt die Handlung zurück ins Wirtshaus und macht die Erzählung so schön plastisch.
Diese Art ein Buch aufzubauen finde ich persönlich wirklich überaus gelungen: Man kennt den fertigen Helden, mit dem jedoch etwas nicht ganz stimmt, und erlebt so nach und nach wie er zu dem geworden ist, der er ist – wobei der Leser die heldenhaften Geschichten um ihn nicht kennt. Dies erzeugt eine ungemeine Spannung, dass die Seiten nur sodahin fliegen. Kvothe – und damit Patrick Rothfuss – ist ein wahnsinnig guter Erzähler. Zwar schildert er die Erlebnisse in der Ich-Perspektive, jedoch ohne übermäßig viel aus seiner Gedankenwelt preiszugeben und dem Leser eine Meinung aufzudrücken. Er erzählt seine Geschichte mit dem aktuellen Wissen und sie ist so reflektiert aber dennoch wirklich ausdrucksstark. Teilweise wird dies ergänzt durch kurze Passagen, in denen Kvothe den Leser der Geschichte direkt anspricht und begründet warum er dieses oder jenes in der erzählten Form zusammenfasst. Dies wirkt beinahe real und macht unheimliche Freude beim Lesen. Er findet eine sehr gelungene Mischung aus detailverliebter Erzählung mit Tiefgang und Atmosphäre und nüchtern zusammen gefassten Passagen.
Damit einher gehen gut ausgearbeitete Charaktere, die dennoch viele Geheimnisse bereithalten und somit noch ausreichend Potential für die Folgeromane liefern. Die Feinde, die Kvothe aufgrund seiner Vergangenheit finden und ergründen möchte, sind noch nicht greifbar und sehr vage beschrieben. Dies entspricht dem Kenntnisstand des forschenden und suchenden Kvothe und ist daher sehr passend, doch die eine oder andere Sage wurde bereits über die Chandrian geschickt eingewebt. Auch wurde nicht auf einen Antagonisten verzichtet, der wirklich im weiteren Verlauf noch den einen oder anderen Stein in die Laufbahndes angehenden Arkanisten legen wird.
Dies führt mich gleich zu einem weiteren wichtigen Punkt: die Magie. Zwar ist von Beginn an klar, das Kvothe magiebegabt ist, und der Leser erlebt, wie er einen Teil der Magie – die Sympathie– bei seinem Lehrer und später an der Universität erlernt, doch die wirkliche Namens-Magie wird bisher nur am Rande erwähnt. Dies finde ich durchaus schade, dennoch entspricht dies Kovothes aktuellem Stand, unglücklich gewählt ist nur der Titel des Buches, der suggeriert, dass dies ein Schwerpunkt der Geschichte sein könnte.
Doch der einzige wirkliche Kritikpunkt ist der Spannungsbogen. Zwar wird durch die Erzählung des älteren Kvothe über sein noch in der Entwicklung befindenden Selbst eine gelungene Spannung aufgebaut, leider überträgt sich diese nicht auf die Handlung der Geschichte. Zwar gibt es eine Art Höhepunkt gegen Ende, aber dieser hätte noch spektakulärer und heldenhafter geschildert und ausgeschmückt werden können – sicher, dies widerspräche Kvothes Bild von sich selbst, aber es hätte dem Leser ein spannendes, der Qualität des Buches angemessenes Ende verpasst. So hat man das Gefühl, die Geschichte plätschere nur vor sich hin, obwohl dies nicht der Wahrheit entspricht, denn bei vielen einzelnen Episoden fiebert man mit Kvothe wirklich mit, nur sind diese Szenen meist nicht das, was man sich von spannender Fantasy verspricht. Es gibt demnach keinen Spannungsbogen, der sich über das gesamte Buch spannt, dennoch viele einzelne spannende Episoden. Da Kvothe selbst davon spricht, damit nun die Grundlagen gelegt zu haben, passen somit Inhalt und Stil zu 100 Prozent zusammen und mehr kann man nicht verlangen.

Horrorbienes enttäuscht hat: Das Buch hat gut ausgearbeitete Charaktere, die noch viele offene Fragezeichen hinterlassen, die es in den Fortsetzungen zu ergründen gibt. Das Buch hat eine wirklich ausgesprochen athmosphärische Erzählung bei der sich tiefgründige mit zusammengefassten Abschnitten hervorragend ergänzen und man praktisch in die Erzählung eintaucht. Dem gegenüber stehen eine, für meinen Geschmack, nach dem Titel des Buches zu kurz gekommene Magie und der leider etwas sparsam ausgefallene Spannungsbogen. Dennoch ist Der Name des Windes so gut geschrieben, dass man es einfach mögen muss – wenn manein Freund der High-Fantasy ist – und ich mich riesig freue, da ich den nächsten (halben) Tag der Erzählung schon bereit liegen habe.