Rezension

Ein hervorragender Roman, dem auf nur 150 Seiten so viel gelingt

Hündin -

Hündin
von Pilar Quintana

Pilar Quintana hat etwas erschaffen und geschafft, was nur selten wirklich hochklassig gelingt: Auf nur 150 Seiten vermittelt sie in einer unglaublichen Dichte, wie es der untersten sozialen Schicht Kolumbiens - ganz ohne Koka-Anbau-Klischee - ergeht und gleichzeitig, wie ein Ehepaar mit ihrer ungewollten Kinderlosigkeit umgeht.

Gleich die ersten Sätze schockieren mit grauenhaften Szenen, die aber sprachlich so briliant umgesetzt sind, dass es gar nicht in Frage kommt, das Buch aufgrund dieses Einstiegs wegzulegen. Damaris ist schon 40 Jahre alt und damit eine "verschrumpelnde" Frau. Vor zwei Jahrzehnten begannen ihr Mann Rogelio und sie den Versuch, schwanger zu werden. Vor einem Jahrzehnt gaben sie auf, entfremdeten sich. Nun bekommt Damaris unerwartet eine nur vier Tage alte Hündin zu Aufzucht und steckt in sie alle Wünsche, Erwartungen, Enttäuschungen und Verzweiflung, die mit ihrem Kinderwunsch einhergehen. Dies ist grundsätzlich ein Thema, welches man schon zur Genüge aus Büchern Europas und Amerikas kennt. Hier kommt eine neue Komponente hinzu: Das Leben an und unter der Armutsgrenze in Kolumbien. Eine Milieustudie zwischen der Steilküste des Pazifiks und dem wilden Dschungel des Kontinents. Erschreckend ist die Härte des Lebens, der Menschen, der Natur. Dort, mitten im Nirgendwo. Und jede der 150 Seiten wurde ich hineingezogen in diese Härte. Meines Erachtens liegt dies definitiv an dem hochkarätigen literarischen Niveau des vorliegenden Romans.

Dieses Buch stellt für mich ein klares Highlight dar. Auch wenn die Schilderungen mitunter schrecklich, bedrückend und kaum aushaltbar sind, so lohnt es sich, dieser Lektüre nicht aus dem Weg zu gehen. Die Lektüre hat mich nicht nur ob der präzisen Schilderungen berührt, sondern auch mein Wissen über das Land Kolumbien bereichert. Wirklich grandios!