Rezension

Ein intensives Leseerlebnis

Der Doppelgänger - José Saramago

Der Doppelgänger
von Jose Saramago

Der Geschichtslehrer Tertulian bekommt von einem Kollegen einen Film empfohlen. Sonst eher kein Filmfreund, leiht er sich den Film doch aus und ist völlig gebannt von einem Nebendarsteller, der ihm bis auf’s Haar gleicht. Er zieht sich immer mehr in seine eigene Welt zurück, lässt Kontakte zu Freundin, Mutter und Kollegen einschlafen und konzentriert sich nur noch auf eines: Er muss den Namen dieses Schauspielers herausfinden. Man begleitet Tertulian auf seiner akribischen Recherche und seinen Gedankenspielen über Einmaligkeit und den gesunden Menschenverstand. Seine Suche gipfelt schließlich in einer wahnhaften Verfolgung, die das Leben beider Männer für immer verändert.
Die starke Fokussierung auf das Innere der Figur in Kombination mit einem belehrenden zuweilen distanzierten Erzähler ist ungewohnt. An manchen Stellen auch anstrengend. Ich hatte oft das Gefühl, dass man sich an Kleinigkeiten aufhält und das Interessante im Bereich der Andeutung lässt. Gleichzeitig löst es den Protagonisten völlig von seiner Umwelt, man merkt, dass er sich eine eigene Welt aufbaut, die nur bedingt mit der Realität zusammenpasst. Man spürt mehr als dass man es wirklich liest, dass sich da eine Katastrophe zusammenbraut, doch der Knall kommt dann sehr schnell und der Schluss ist abrupt. Nach der sehr langen Vorlaufzeit hat mich das letzte Drittel doch etwas überrumpelt, aber auch gefesselt.