Rezension

Ein intensives und tiefgründiges Buch, sehr bedrückend.

Das Salz - Jean-Baptiste Del Amo

Das Salz
von Jean-Baptiste Del Amo

Bewertet mit 4 Sternen

Ein ganz gewöhnliches Familienessen ist für diese eine Familie ein harter Kampf, der verstorbene Vater, Armand, hat noch immer großen Einfluss auf seine Kinder, Jonas, Albin und Fanny aber auch seine Frau Louise ist stets von ihm umhüllt.
Während Louise versucht das Andenken ihres Mannes zu bewahren und die positiven Seiten hervorzubringen, sind die Kinder immer noch auf der Suche mit der Frage im Gepäck wer war ihr Vater eigentlich?
Vor dem Treffen werden bei jedem der Familienmitglieder Erinnerungen wach, Erinnerungen der Furcht und Erinnerungen des Schmerzes. Erinnerungen die sie nicht nur am heutigen Tag verfolgen sondern schon ihr Leben lang und der größte Knackpunkt ist stets der Vater...

Auch wenn das Cover nicht großartig hervorsticht, mag ich es persönlich recht gern. Es strahlt neben der Ruhe auch einfach eine gewisse Aufregung aus - so empfinde ich es zumindest. Von daher passt es einfach gut zum Buch selbst und zum Titel sowieso. ;)

Auf mich wirkte das Buch von vorne herein sehr viel versprechend, am Ende hatte ich das Buch dann auch befriedigt zugeklappt.
Was mir als erstes auffiel war, dass dies kein Buch ist das sich schnell weglesen lässt. Das Buch ist durch den Sichtwechsel der Protagonisten (der nicht immer gekennzeichnet ist) und seine Zeitsprünge durch die Erinnerungen, recht verwirrend aufgebaut.
Noch mehr allerdings wird die Aufmerksamkeit des Lesers gefordert für das was sich hier zwischen den Zeilen verbirgt.
In diesem Buch wird nicht alles direkt zusammengefasst, dem Leser werden Bilder und Szenarien präsentiert aus denen er häufig selbst seine Schlüsse ziehen soll.
Mich persönlich hat das nicht gestört, ganz im Gegenteil, zuweilen brauche ich einfach mal ein Buch das mich nicht nur vergnügt sondern auch ein bisschen "fordert". ;)

Gerade auch die zwischenmenschlichen Beziehungen in diesem Buch sind alle sehr kompliziert und nicht wirklich einfach zu durchschauen, nach und nach gewinnt der Leser aber an Einblicken und viele der Beziehungen werden dadurch verständlich.
Mir hat die Reise durch die Erinnerungen gut gefallen, wobei es da immer Protagonisten gab dessen gedankliche "Zeitreise" weniger interessant für mich erschien.
Am meisten angesprochen hatte mich Jonas Geschichte, der jüngste Sohn der Familie der schon früh als homosexuell enttarnt wurde. Auch wenn gerade seine Mutter dies gerne verdrängt.
Sein Vater hingegen ging sehr offen damit um und ließ ihm seine Abneigung bei jeder Gelegenheit spüren.
Demnach hatte er eine recht schwierige Kindheit, auch wenn seine Mutter stets versuchte diesen Defizit auszugleichen in dem sie ihm noch mehr Aufmerksamkeit schenkte. Diese Beziehung wirkte allerdings eher verstörend als alles andere..

Albin, Jonas Bruder, hat sich dadurch immer mehr an seinem Vater orientiert und wollte seinen Ansprüchen genügen, ihn stolz machen. Als erwachsener leidet er immer mehr darunter ein Abbild seines Vaters geworden zu sein und insbesondere die Tatsache, dass er nie seinen eigenen Weg gegangen war nagt an ihm.

Die einzige Tochter kam dadurch ziemlich kurz und hat von keinem Elternteil die Aufmerksamkeit bekommen die sie hätte kriegen sollen,auch sie wurde davon nachhaltig beeinflusst und kann sie wie ihre Geschwister nicht von ihrer Vergangenheit lösen.

Generell waren die meisten Charaktere hier mir nicht sonderlich sympathisch, das machte in diesem Buch aber gar nichts. Auch so konnte ich an ihren Schicksal teilhaben und mit ihnen fühlen, so machte es ihre Persönlichkeit ja auch erklärbar.

Ebenfalls ein großer Pluspunkt geht an die Stimmung die der Autor wunderbar transportiert hat.
Auch wenn sie recht erdrückend war und man sich ihr teils gerne entzogen hätte, so kann man es einfach nicht. ;)
Ich mochte die düstere Melancholie des Buches, das Derbe und die Verruchtheit die teils sehr unangenehm war, da provokant und verstörend. Allerdings lebt das Buch mitunter genau davon.

Am meisten hat mich aber das Ende des Buches für sich eingenommen, auch wenn ich da das starke Gefühl hatte, dass das der eigentliche Beginn der Geschichte ist, aber irgendwie gefiel es mir gerade deshalb, auch wenn ich durchaus noch gerne mehr gelesen hätte.
Aber auch so stimmte es mich vergnüglich weil es schön und versöhnlich war und einen kleinen Hoffnungschimmer hinterließ.

Ein ungewöhnlich und tiefgehendes Buch, das sicherlich nicht jedem gefallen wird, mich aber durch seine Stimmung und komplexen Familiengeschichte gefesselt hat.